Ehemalige Sägerei Aarberg BE - Mühlenkalender

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Ehemalige Sägerei Aarberg BE

Mühlen-Inventar Schweiz > Kantom Bern > Aarberg BE
Ehemalige Sägerei Salchli-Wälti Aarberg BE
Lage:
Heutiger Sägeweg 5-7, 3270 Aarberg
 
CH1903+ / LV95 2'587'770, 1'210'342
WGS 84 (lat/lon) 47.04400, 7.27770
Höhe 448 m
 
Lage auf der Schweizer Mühlen-Karte
Hinweise:
 
Gut Holz, Artikel in der Zeitschrift „Die Berner Woche“, Band (Jahr): 33 (1943), Heft 14
Pläne: Stadtarchiv Aarberg
Inserate: „Illustrierte schweiz. Handwerker-Zeitung“ auf www.e-periodica, div. Jahrgänge
Burgerarchiv Bern: Diverse Signaturen
Die älteren Aarberg erinnern sich noch, wie das Gebiet zwischen dem Städtchen und dem Bahnhof bis vor fünfzig Jahren ausgesehen hat. Werfen wir einen Blick zurück:

In Kürze:

Entstehung unbekannt (vermutlich um 1865)
1908 Übernahme durch F.&E. Wälti
Grosse Ausbauetappen vor dem 2. Weltkrieg
1967 Stillegung
Nach 1970 Abbruch für Wohnüberbauung

In der Zeitschrift „Die Berner Woche“ aus dem Jahre 1943 stiess ich auf folgenden Artikel aus unbekannter Feder. Glücklicherweise sind die damaligen Pressefotos von Eugen Thierstein im Burgerarchiv Bern erhalten geblieben.  Ich habe die zusätzlichen Fotos jeweils unter den damals publizierten Bildern eingefügt.

Ehemalige Sägerei Salchli / Wälti Aarberg BE
Ein reiches Rundholzlager ermöglicht die beste Auswahl des zu verarbeitenden Holzes.
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_54)

Gut Holz könnte der Wahlspruch der Firma F. & E. Wälti lauten, deren Betrieb im Laufe der Jahre zu einem leistungsfähigen Sägewerk ausgebaut wurde. Wuchtige Stämme und geschnittenes Material liegen auf dem Lager und geben jedem Neuangekommenen am Bahnhof den Eindruck emsiger Arbeit und unermüdlichen Fleisses. Das Sägewerk mit seinen Eigentümern und den Arbeitern bildet einen lebenden Bestandteil Aarberg‘s. Das Unternehmen ist bestrebt, den heute auch kontingentierten Rohstoff Holz unter bestmöglichster Ausnutzung zu verarbeiten und durch sorgfältige Sortierung geeignete Sägereiprodukte für Baugewerbe, Möbelfabrikation und weitere Verwendungszwecke bereitzuhalten. Gut ausgewähltes Material, qualitative Arbeit und aufrechte Gesinnung rechtfertigen den Erfolg dieses Unternehmens

Jeder einlaufende Auftrag ist wichtig und  ird sorgfältig nach Liste durchgeführt
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_52)
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_50)
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_51)
Herren Ernst Wälti und Sohn bei der Besprechung über die Ausführung eines Auftrages
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_49)
Ein Ausblick aus der Sägerei lässt die vorbereiteten Stämme im Vordergrund erkennen, die beim nächsten Gang in die Säge eingeführt werden
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_55)
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_53)
 
Die Verarbeitung der Stämme in der Sägerei
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_57)
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_56)
 
Das Sortieren und Ablängen des Rundholzes
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_47)
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_48)
 
Das in der Berner Woche nicht publizierte Bild:  Der kritische Bilck von Ernst Wälti
(Photo E. Thierstein, Burgerarchiv Bern Signatur N_Eugen_Thierstein_325_45)

Soweit die Artikel aus dem Jahre 1943.

Das Interesse war geweckt, denn … war da nicht vorher schon was? Also, Blick ins Archiv … und tatsächlich, da liegt aus dem Jahre 2012 aufgrund eines Besuches im Ortsarchiv diverses Material herum.
 
Die Sägerei Salchli wurde 1908 durch die Herren F. & E. Wälti übernommen und in der Zwischenkriegszeit grosszügig ausgebaut. Die bekannte Fotographie stammt aus dem Jahre 1915. 

Den kräftig betrieben Handel mit Holz wiederspiegelt sich in diesen Jahren in diversen Inseraten
 
 
1912
1915
1928
1929
1930
 

Nach Ende des zweiten Weltkrieges entstand 1949 diese Luftaufnahme von Werner Friedli, die die Ausdehnung des Sägewerkes südlich des Städtchens belegt. 
(Foto: E-Pics ETH Zürich, Katalog: ETHBIB.Bildarchiv   http://doi.org/10.3932/ethz-a-000354112)
Die Sägerei wurde schliesslich im Jahre 1967 stillgelegt und das weitläufige Gelände in den 1970er-Jahren mit dem Neubau der PTT und Wohnblöcken überbaut. Heute erinnern keine Spuren mehr an die rund hundertjährige Nutzung des Areals.

Blenden wir zurück
 
Oberhalb von Aarberg, bei der sogenannten Rappenfluh tritt die Aare aus dem Hügelzug des westlichen Frienisberges ins offene, flache Land. Vor der Juragewässerkorrektion teilte sich die Aare um Aarberg herum. Auf der Westseite die eigentliche Aare mit heute noch bestehender imposanter Holzbrücke (A). Auf der Südseite die sogenannte Kleine Aare (B, C).
Die Situation vor der Juragewässerkorrektion in einem  Plan von 1803. 
(Gemeindearchiv Aarberg, Reproduktion Urs Landolf 2012)
Bild A:
Blick Richtung Süden mit der "grossen" Aare und Holzbrücke. Aufnahme kurz nach 1875.
(Burgerarchiv Bern Signatur FP.B.1033 Aarberg; Aare--Brücke)
Bild B:
Blick Richtung Westen auf der Südseite des Städtchen auf die "kleine" Aare, nach einem Gemälde von J. J. Biedermann (1763—1830)
(Die Berner Woche, Band (Jahr): 33(1943), Heft 14, Artikel von Hans Müller, Link: http://doi.org/10.5169/seals-637570)

Bild C:
Die ehemalige Holzbrücke über den Stadtgraben auf der Ostseite des Städtchens , Bild von Amtsschreiber Kilian 1811
(Die Berner Woche, Band (Jahr): 33(1943), Heft 14, Artikel von Hans Müller, Link: http://doi.org/10.5169/seals-637570)

Wenden wir uns nun der Geschichte der Sägerei Salchli zu:
 
Die Entstehungsgeschichte der damaligen Sägerei des Ingenieurs Salchli können wir mit grosser Wahrscheinlichkeit ins Jahr 1865 datieren. Den überlieferten „Situationsplan über den Gewerbekanal bei Aarberg“ zum Wasserwerk Salchli hat er selber mit „H. Salchli, Ingr, Mai 1865“ signiert.
(Plan im Gemeindearchiv Aarberg, Reproduktion 2012 Urs Landolf)
Detailvergrösserung aus obigem Plan von 1865
Was wissen wir über die Wasserkraftanlage Salchli?
 
Aus dem „Verzeichnis der gewerblichen Betriebe und Unternehmungen in den Gemeinden des Kantons Bern“ aus dem Jahre 1891 entnehmen wir, das ein Baumeister und Säge mit acht Angestellten ein Wasserrad und eine Turbine mit insgesamt 20 PS betrieb.
1907, bei der Konzessionsrunde des Kantons, war das Wasserwerk Salchli nicht mehr verzeichnet. 
Räteselhaft blieb vorerst die genaue Datierung des Planes, denn die Bahnlinie Lyss-Kerzers ging erst 1875 in Betrieb. Vermutlich handelt es sich also um einen Plan für den Wiedraufbau der Sägerei nach einem Grossbrand.

Was war geschehen?

Etwa zehn Jahre nach der Aufnahme des Planes brannte die Sägerei Salchli nieder. Über dieses Ereignis veröffentlichte Oscar Arnold Weibel (1868 – 1930) folgende Geschichte, die nach seinem Tod in den 1930er-Jahren gedruckt wurde:
 
Der Sagibrand und später der Wassermangel
 
Zwüschem Stedtli Aarbärg und der Bahnaalag het di Sagi vom Herr Ingenieur Salchli mit ihrne Holzlager e grosse Platz ygno. Änedra, wo jetz d Station, d Bahnlinie und der Güeterschopf sy, isch vorhär e schöni Matte mit viil Obscht- böim gsy. wo em Herr Schürer i der Müligass ghört hei. Vo dene Böim isch en einzige überbblibe, e schöne grosse Sur- grauechboum, zimlich wyt gäge d Chalberweid zue, wo der Herr Salchli e Zimmerhütte gha het. Mir Buebe sy uf der Sagi guet bekannt gsy, wil es luschtig gsy isch. dört über oder under dene vile Boumstämm z spile; und de het’s de no zwo Rollbahnlinie zum Holztransport gha. und mit dene Rollwä- geli hei mer gar fein chönne derdürab fahre und is so d Zyt vertrybe. D Sühn vom Herr Salchli hei viil o mitghulfe, und einisch amene Sunntig isch eine dervo ab em Rollwage abegfalle und het ds Bei bbroche. De isch aber o d Sagi säl- ber sehr intressant gsy, wil si modern ygrichtet isch gsy und schneidig glüffen isch, nid eso wi di chlyne Landsageli, wo der Gatter öppe alli Minute einisch het möge abeschnelle. Wäge däm allem hei mer d Sagi und ihri Umgäbung gnau kennt, jedes Eggeli und jedi vo dene Holzschärmhütte. - Und richtig, näb em Stationssood isch no dä gross prächtig Bireboum gsy, vo däm der Bahnwärter Steiner einisch bim Birenäh isch ztod gfalle. O dort, wo jetz ds Poschtgeböid steit, het’s no ne Reie Öpfelböim gha. emel o no eine mit guete Läderrenettech.
I bi grad nache gsy. für ds erschtmal i d Schuel z gah. da het mi einisch i der Nacht e Lärme gweckt, und won i uf- luege. isch üsi Stube ganz hall erlüüchtet gsy. und d Mueter het mer gseit, d Sagi brönni. I bi ufgstande und nachhär hin- der ds Huus gsprunge - und richtig, d Sagi isch alles eis gros¬ses Füür gsy. es het grässlich gläderet, gchlepft und tobet, und zwüschenyne het me d Füürwehrkommando ghört. Es isch im Sagigeböid im erschte Stock e Bouschrynerei gsy. dort het’s viil dürrs Holz, Hobelspän und Abfäll gha. die hei natürlich guet brönnt. und drum isch am Himel alles voll Gluet gsy. grad wi we's tät Füür rägne. Mir hei hinder em Huus näb em Öpfelboum es Chüngelistallhüsi gha. won is der Papa us Brätter sälber ufgrichtet het. und dort drinn sy gäng öppe zwänzig Chüngeli gsy. Mir het’s angscht gmacht, das Hüsi chönnti vo dene Glüetli aagah. und ig und my Brueder hei ufpasst, dass es ihm nüüt ta het. Ersch am Morge han i dörfe uf d Sagi übere ga luege. Da het’s no starch grouchnet, aber ds ganze Sagigeböid mit dene Yrichtige und Maschine isch vollständig verbrönnt und verdorbe gsy. Einzig ds Turbinehuus und ds Abtritthüsi sy blybe stah; das het truurig usgseh und isch füre Herr Salchli e grosse Schade gsy. Über d Ursach vom Brand het me alles mögliche ghört säge, und namentlich e Sager, won i guet kennt ha, isch im Verdacht gstande, är heig d Sagi aazüntet. Soviil i aber weiss, isch nüüt us der Undersuechung hervorggange, wo öpper belaschtet hätt. Sehr wahrschynlich isch das Führ dür irgende Nachlässigkeit entstände, indäm öpper es brönnigs Zündhölzli wäggworfe het, oder vilicht het's süsch dür ne Funke i d Hobelspän oder i ds Abfallholz chönne cho. - Wo alles ändlich isch glösche gsy, isch’s sofort a ds Wägruume vo däm Schutt ggange, und gly druuf isch ds Sagigeböid nöi ufgrichtet und di Yrichtige alle wider nöi aabbracht worde, so dass na paarne Monet d Sagi wider glüffe isch und das Ereignis nahdinah i Vergässeheit grate isch. I aber gseh hütt no dä Füürräge, wo dennzumal schynts bis uf Barge useggangen isch; si heige dort bi de Strouhüser müesse acht gä derwäge. Mir het’s fei echly gwohlet, won i am Morge Gwüssheit ha übercho. dass es üsem Chüngelistall nüüt ta het.
D Sagi het später en anderi Not müesse düremache. Nachdäm der Hagnikanal isch eröffnet gsy und ds alte Aarebett unde a der Rappeflue dür ne Schwelli abgschlosse isch worde, het sich der Wasserstand i der alte Aare gsänkt, und der Sagikanal, wo echly obe der Ysebahnbrügg isch gsy, het fasch kei Wasser meh übercho. Für däm Übel abzhälfe, het der Herr Salchli uf syni Chöschte grad obe der Ysebahnbrügg e Stouschwelli müesse boue, wo bewirkt het. dass d Sagi wider gnue Wasserchraft het möge übercho. Das isch natürlich e grossi Usgab gsy, und mi gseht, dass der Herr Salchli eis Unglück überds andere het gha. Später isch gäng weniger Wasser i ds alte Aarebett glüffe, und en Öffnig i der Kanalschwelli obe het me gschlosse, so dass der Sagikanal ohni Wasser isch bblibe. Wäge däm het der Herr Salchli elektrischi Chraft müesse zum Sagibetriib bezie. sobal das isch müglich gsy. Vo denn aa isch der Sagikanal yddeckt worde, ganz glych, win es später em chlyne Aarebett südlich vom Stedtli o ggangen isch. und hütt sy di wässerige Plätzli. wo mer üsi Jugedtröim verläbt hei, verschwunde. Derfür sy schöni. suberi Gärte und Pflanzplätz a ihri Stell trätte.

Eine bewegte Geschichte. Der Hagneck-Kanal wurde als Teil der ersten Juragewässerkorrektion zwischen 1875 und 1878 gebaut und leitete die Aare vor aarberg westwärts Richtung Bilersee. Das erste Wasser floss am 16. August 1878 in den Bielersee und legte die kurz vorher getätigte Investition von Ing. Salchli in die neue Wasserfassung für die Sägerei trocken.
Fassen wir die Entwiclung auf der Südseite von Aarberg zusammen:
Der Plan von 1865-75 mit den Sägereiareal Salchli
Luftaufnahme des Areals 1949: (Foto: E-Pics ETH Zürich, Katalog: ETHBIB.Bildarchiv   http://doi.org/10.3932/ethz-a-000354112)
Übertrag des Planes 1865-75 in die heutige Situation (© 2021 Urs Landolf)

Die Entwicklung lässt sich auch auf dem Geoportal des Bundes (https://map.geo.admin.ch) sehr schön verfolgen:
1877:
Die Arbeiten am Hagneckkanal sind im Gange, die Bahnlinie Lyss-Kerzers ist gebaut, die "kleine" Aare existiert noch.
1901:
Der Hagneckkanal ist in Betrieb, die ehemals stolze "grosse"Aare ist zu einem Altwasser verkommen, die "kleine" Aare ist verschwunden, der Sägerei geht das Wasser aus.
1916:
Die Südseite des Städtchens ist trockengelegt, das Areal wird mit der Ziegelei und der Zuckerfabrik langsam zum Industriequartier. Diese Situation wiederspiegelt sich in der Aufnahme von 1915.
1946:
So präsentierte sich die Situation zur Zeit des Artikels "Gut Holz" (1943) und der Luftaufnahme (1949).
2021:
So präsentierte sich die Situation heute.
2021:
Hier nochmals 150 Jahre in einem Bild.
 
 
kostenloser Unofficial WsX5 Counter!
Suchen
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü