Willisau LU Ehemalige Kochenstampfe - Mühlenkalender

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Willisau LU Ehemalige Kochenstampfe

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Willisau LU Ehemalige Kochenstampfe
Lage:
Menzbergstrasse 39, 6130 Willisau

CH1903+ / LV95 2'642'375, 1'218'424
WGS 84 (lat/lon) 47.11546, 7.99700
Höhe 568 m

Hinweise:


Lit:
Eugen Meyer-Sidler, "Zur Wirtschaftsgeschichte von Willisau"
Heimatkunde WiggertalBand (Jahr):50 (1992)
Aus der Geschichte (Eugen Meyer-Sidler 1992):
Die ehemalige Knochenstampfe in Willisau
Viele ältere Willisauer werden sich noch an das «Stampfeli» erinnern, das südlich des Städtchens, am Ufer der Buchwigger, an der Menzbergstrasse lag.
Das Stampfen von Knochen und anderen Produkten (z.B. Getreide, Gewürze, Rohstoffe für Farben, Obst und Schiesspulver; von Bedeutung waren auch die Rinden- oder Lohstampfi-Betriebe, die für die Gerbereien Lohmehl zum Gerben von Leder herstellten) war jahrhundertelang ein wichtiges und weitverbreitetes Gewerbe.
 
Der Untergang der Knochenstampfe
Mitten im Zweiten Weltkrieg brannte die Knochenstampfe, die schon damals wie ein Stück Vergangenheit in die anbrechende moderne Zeit hineinragte, am 11. Mai 1941 vollständig aus. Übrig blieb nur ein rauchender Trümmerhaufen. Der «Willisauer Bote» berichtete darüber am Montag, dem 12.Mai:
«Brandfall in Willisau. In den frühen Morgenstunden des vergangenen Sonntag brach in dem Hrn. Gotthard Walthcrt-Lampart gehörenden Schuppen im „Stampfeli“ Feuer aus. Rasch griff dieses um sich und trotz zielbewussten Eingreifens der Feuerwehr von Willisau-Land und -Stadt, erstere mit Motorspritze und Hydrantenkorps, letztere mit einem Hydranten- und Elektrokorps, brannte der Dachstuhl nieder. Im Gebäude war eine Knochenmühle untergebracht. Das Gebäude war für Fr. 15000.- versichert. Über die Brandursache herrscht Ungewissheit, doch scheint böswillige Brandstiftung ausgeschlossen.»
 
Die Besitzer der Knochenstampfe
Das sehr alte und bekannte Geschlecht der Waltbert, das im 17. Jahrhundert zwei Schultheisse der Stadt Willisau stellte, hat schon sehr früh verschiedene Betriebe der Textilveredlung an der Buchwigger aufgebaut, aus der sie die notwendige Wasserkraft bezog:
Stampfeli Willisau LU Brand Mai 1941
 
1. Walke
Hier wurden die rohen Woll- und Leinentücher vorerst in der Walkmühle in einer Seifen- oder Sodalauge geschmeidig gestampft.
2. Buchen
Anschliessend wurden die Tücher in heisser Aschenlauge gesotten.
3. Bleichen
Den Abschluss des Reinigungsprozesses bildete das Bleichen, d.h. das Auslegen der gewalkten und gebuchten Leinentücher auf abgemähten Rasenflächen, wo sie während mehreren Tagen der reinigenden Kraft von Licht und Sonne zum Bleichen ausgesetzt wurden.
4. Färben
Zuallerletzt erfolgte das Färben der Tücher.
 
Noch heute erinnern Hofnamen an diese einstigen Gewerbe: Bleichematt, Walkematt. Den Namen «Farb» trugen auch zwei Häuser: Die innerhalb der Stadtmauer gelegene Farb lag beim Untertor (heutige Drogerie Jost), die damalige Äussere Färb ist identisch mit dem heutigen Hotel Mohren. Die Benennung dieser Häuser mit «Färb» ist verlorengegangen.
Nicht nur die Textilveredlungsbetriebe lagen in den Händen der Familie Walthert, auch die Knochenstampfe wurde von ihr betrieben:
Gotthard Walthert-Tschopp (24.7.1856-1.3.1913). Anfänglich wohnte er im Grund in Willisau-Stadt, in jenem Haus, wo später Stadtrat und Sektions-Chef Josef Häfliger seinen Wohnsitz hatte. Heute ist das Haus Eigentum von Martin Bucheli-Meyer. Dieses schöne Haus mit dem seltenen Mansardendach wurde kürzlich stilvoll restauriert. Vom Grund zog G. Walthert später in die St.-Niklausen Vorstadt, vis-à-vis des jetzigen Kantonspolizeipostens (heutiger Besitzer: Hardy Walthert-Büeler, Malermeister, Enkel des Obgenannten).
Gotthard Walthert war Handelsmann, Stadtrat, Kirchenrat und 1903' Mitglied des Bezirksrates. Die Knochenstampfe liess er nebenbei von einem Knecht betreiben. Jahre später erwarb er die Liegenschaft «Neu-Steinmatt», die heute im Besitz der Imprägnierwerk AG Willisau ist.
Als begabter Musiker war Walthert aktives Mitglied der Stadtmusik Willisau, die er 1885—1895 präsidierte und deren Ehrenmitglied er wurde. 1892 wurde er Vizepräsident des Kantonalen Musikverbandes. Nach der Einführung der Elektrizität in Willisau (1898) konnte man bei ihm die ersten Glühlampen kaufen und diese auf seinem vielbestaunten Apparat prüfen lassen.
Als Erbe ging das Stampfeli 1914 auf seinen Sohn über,
Gotthard Walthert-Lampart (29.11.1884-23.10.1958). Er betrieb Handel mit Kohle, anderen Brennmaterialien und Landesprodukten. Als Nebenerwerb Hess er die Knochenstampfe während vielen Jahren von seinem Gehilfen Anton Brügger (Bruder der Ehefrau von Josef Stöckli-Brügger seh, Spezereihandlung, Hauptgasse, Willisau) betreiben. G.Walthert wohnte wie sein Vater in der Neu-Steinmatt, Willisau-Land.
Auch er war aktives Mitglied der Stadtmusik Willisau (seit 1899) und ein hervorragender Trompeter. Er präsidierte die Stadtmusik 1922—1924 und wurde 1918 deren Ehrenmitglied.
Beim Familiennamen Lampart fällt uns älteren Menschen auch der Name Leo Lampart ein, der Vater von Frau Walthert-Lampart und von Frau Babst-Lampart. Er war nach der Mitte des letzten Jahrhunderts Organist in der Pfarrkirche Willisau, ein sehr begabter Musiker und ein liebenswertes Original. In der Pfarrkirche (erstellt 1804—1810) war die heutige grosse Orgel noch nicht vorhanden, es stand lediglich eine pneumatische Klein-Orgel auf einer Chor-Empore. Die Buben mussten im Schweisse ihres Angesichtes und unter der strengen Aufsicht des «Orgelisten» den Blasbalg dieses Instrumentes treten, ernteten dafür nicht nur immer herzlichen Dank, sondern auch manche nicht so liebenswürdige Schelte. Die Buben nannten ihn etwas respektlos «Chäsbäri».
Leo musste selbstverständlich an allen, damals häufigen, Bittprozessionen zu Fuss nach Hergiswil, Ettiswil, Werthenstein usw. teilnehmen und mit seiner weithin schallenden Tenorstimme die Allerheiligen-Litanei singen. Müde und abgekämpft erreichte er jeweils das Prozessionsziel. Das erste, was er dort verlangte, war eine kräftige, grosse Brausi (Rösti) zur Wiederherstellung seines seelischen
und körperlichen Gleichgewichts.
Leo trug immer einen grossen Tellerhut, der innen ein wasserdichtes Futter hatte. Einmal schüttete der damalige Sigrist Krügel (Vater des nachmaligen Adolf Krügel-Rüedi) ein wenig Wasser in den Hut. Als Leo vor der Kirche den Hut aufsetzte, lief ihm dieses über das Gesicht. Die hinter ihm stehende Anna Wermelinger (spätere Gattin des langjährigen Präsidenten des Männerchors «Concordia», Alfred Huber) lachte laut heraus. Der erzürnte Leo drehte sich mit hochrotem Kopf um und gab der vermeintlichen «Täterin» eine saftige Ohrfeige.
Ein Sohn von Leo Lampart zog nach Interlaken, wo er ein Restaurant betrieb. Nach dieser Abschweifung kommen wir zu unserem «Knochen»-Thema zurück.
 
Verkauf der «Knochenstampfe»
Nach dem Brand der «Stampfl» Hess Gotthard Walthert die Ruine durch die Zimmerei Korner mit einem Provisorium überdachen. Auf diese Weise konnte er die Entschädigung der Kantonalen Brandversicherungsanstalt von Fr. 11‘285.- geltend machen. Für die mitverbrannten Mobilien erhielt er von der Schweizerischen Mobiliarversicherung, Agentur Willisau, eine Vergütung von Fr. 3712. - .
Das von einem Metzgermeister im Gebäude als Kriegs-Notvorrat eingelagerte «schwarze» Benzin, konnte durch die Feuerwehr gerettet werden.
Im Mai 1946 wurde die Liegenschaft laut dem nachgenannten Kaufbrief veräussert:
 
Herr Gotthard Walthert-Lampart, Kaufmann, Steinmatt, Willisau-Land, hat verkauft
an die Herren Adolf Korner, Handelsmann, Merkur und Hermann Steiner, Landwirt, Neusonnfeld, beide Willisau-Land, mit Nutzen- und Schadenanfang 7. Mai 1946,
die Kaufssumme beträgt Fr. 19000. — ,
nämlich
die Liegenschaft «Knochenmühle», an der Menzbergstrasse, Willisau-Land, wie der Verkäufer dieselbe erworben hat durch Erbschaft von Vater Gotthard Walthert, laut Zuschreibungsakt von 1914
enthaltend
1. Knochenmühle mit Wasserkraft und Zubehören, brandversichert unter Nr. 126 für
Fr.17000.-
2. Eine Landparzelle, hinter obigem Gebäude gelegen und an dasselbe anstossend,
haltend laut Katasterbuch zirka 2 ar, 25 m2, Katasterschatzung Fr. 6000. -.
Dienstbarkeiten und Grundlasten:
1. Es wird auf Vertrag vom 30. Juli 1891 verwiesen, wonach der Besitzer zur Tellenbach der hiesigen Liegenschaft die Erstellung einer Schwellwehr in der Buchwigger gestattet.
2. Es wird ferner auf den Vertrag mit dem Besitzer der Liegenschaft Rutsch, vom 167 31. Juli 1891, ebenfalls betreffend die Erstellung einer Schwellwehr in der Buchwigger, verwiesen.
3. Mit Erkanntnis des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 17. Dezember 1893
wurde dem hiesigen Besitzer die Wasserkonzession erteilt.
Kaufsbedingungen:
1. In den Kauf wird gegeben, d.h. es wird mitverkauft und ist in der genannten Kaufsumme inbegriffen:
a) Die Wasserkanalleitung samt Schleusenkonstruktion, wie selbe besteht
b) 1 Turbine mit Turbinenschacht
c) 1 Spaltmaschine, 1 hölzerne Stiege, Transmissionen welche vorhanden sind,
Holzbalken gegen Galliker.
2. Die Wuhrpflicht ist Sache des Käufers.
Willisau, 7. Mai 1946.
 
Aus diesem Kaufbrief kann entnommen werden, dass die Knochenstampfe im Jahre 1891 erstellt worden war.
Viele werden sich an den Miteigentümer der Stampfi, Adolf Korner-Troxler erinnern, an diesen cleveren Handelsmann und zeitweiligen Pächter des Gasthofes Hirschen in Willisau (1947—50), der mit seinem von einem rassigen Pferd gezogenen Sulky (Zweirad Traberwagen) als kleine Sensation stolz über die Hinterländer Strassen trabte. Heute lebt er im Ruhestand in Luzern. Schon nach zwei Monaten ging das «Stampfeli» am 9. Juli 1946 in das alleinige Eigentum an den vorgenannten Hermann Steiner über.
Durch Kauf wechselte es am 9. Dezember 1947 an den Baumeister Anton Knupp -Knupp, Grossdietwil. Er baute es zum heute noch bestehenden «Jägerheim» aus. Im Dezember 1965 ging es an die Brüder Josef Müller-Glauser und Robert Müller-Schmid, Dachdekkermeister, Willisau, über. Es wird heute vom Zweitgenannten und seiner Familie bewohnt.
 
 
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