Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe - Mühlenkalender

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Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe

Mühlen-Inventar Schweiz > Kanton Freiburg > Ried bei Kerzers FR
Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe
Lage:
Moosgasse 18, 3216 Ried b. Kerzers FR
 
CH1903+ / LV952'580'511, 1'201'805
WGS 84 (lat/lon) 46.96703, 7.18255
Höhe438 m

Hinweise:

https://s.geo.admin.ch/900b70aa81

Freiburger Nachrichten, 16. März 1983
Freiburger Nachrichten, 6. März 1991 Nr 54

Aus der Geschichte:

In den 1980er- und 1990er-Jahren schaffte es ein heute fast vergessenes Gebäude am Rande des Grossen Mooses in die Schlagzeilen der Freiburger Nachrichten. 
Folgen wir den damaligen Ausführungen von Ueli Gutknecht.


Verschwindet ein Zeuge der alten Zeit ?
Alte Knochenstampfe zu verkaufen
(Freiburger Nachrichten, 16. März 1983)

Bevor Kunstdünger in der Landwirtschaft im grossen Stil Einzug fand , wurde mit Mist und Knochendünger gedüngt . Das « Knochenmehl » wurde aus eingesammelten Tierknochen gewonnen . Die Knochen wurden in sogenannten « Knochenstampfen » mit hölzernen Stampfhämmern zu Mehl zerstampft .
 
Eine solche Knochenstampfe, die längst ausgedient hat, wird nun in der Gemeinde Ried zum Verkauf ausgeschrieben. Am 12 . März (1983) erschien folgendes Inserat : 


Die « Knochenstampfe » wurde etwa 1833 erbaut . Dass man sich schon damals über Umweltbelästigungen Gedanken machte, belegen Protokollauszüge aus dem Jahre 1833 :
« 1 . Die Errichtung einer Knochenstampfe etwas sehr unreinliches ist wegen des fast unleidentlichen Geruches, den das Knochenmehl während der Gärung verursacht, gar nicht übereinstimmt mit dem 9. Artikel des Beschlusses vom 17. 8. 1831 ( neue Massregel gegen die Cholera und andern Schreiben , welche die Wegschaffung alles Unreinlichen befehlen .
2 . ... also dem daselbst auf die Weide gehenden Vieh gefährlich werden könnte .
3 . Die Leute , welche zur Zeit der Heuernte , die gewöhnlich sehr lange dauert , sich dort in der grossen Umgebung aufhalten , Gefahr leiden könnten bei dem üblen Geruch , den dieses Mehl bev der grossen Sommerhitze verbreitet , ihrer Gesundheit beraubt zu werden .
4 . Da man es ihm für 4 Monate jährlich zur Winterszeit gestatten, er es aber nicht eingehen wollte , beschliesst sie ( die Gemeinde ) es solle ihm die Errichtung dieser Stampfe ganz ausgeschlagen sein . » (Sämtliche Zitate stammen aus dem Ried-Buch)
Die Bewilligung muss dann doch - wenn auch mit dem Widerwillen der Rieder - gegeben worden sein. Bis 1907 blieb die Knochenstampfe im Besitz der Familie Ryser . 
Ried bei Kerzers Alte Knochenstampfe
Diese Knochenstampfe soll nun verkauft werden- (Foto: Ueli Gutknecht 1983)
Die Landwirtschaftliche Genossenschaft lehnte ein Verkaufsangebot mit 41 zu 30 Stimmen ab. Sechs Landwirte bildeten dann zusammen eine einfache Gesellschaft, welche die Stampfe kauften und zu einer Futtermühle mit Lagerräumen umbauten und der Genossenschaft zum Gebrauch zur Verfügung stellten. 90 Eigentümer sind heute Rechtsnachfolger der sechs Landwirte und beauftragten nun einen Notar in Kerzers mit dem Verkauf der Liegenschaft. Die Turbinenanlage ist der interessanteste Teil. Des geringen Gefälles wegen musste die Turbine liegend angeordnet werden. Sie wurde in einer Wasserkammer so installiert, dass der Auslauf auf gleicher Ebene wie der Biberelauf lag. Im Betrieb lag die Turbine zwei bis drei Meter unter dem Wasserspiegel der Wasserkammer. Die Antriebskraft wurde über Kegelräder und Winkelgetriebe auf die Transmission im Gelände geleitet. Die Turbinenanlage besteht heute noch. Sie ist aber voller Sand, Erde und Dreck. Vielleicht finden sich ein paar technisch Interessierte, die die sicher interessante Anlage retten und der Nachwelt erhalten? -ugu (Ueli Gutknecht)

Ein ungewöhnliches Baugesuch in Ried Museum in der « Knochenstampfe »
(Freiburger Nachrichten, 6. März 1991 Nr 54)

Die leerstehende « Knochenstampfe » in Ried verlottert und sieht seit Jahren einer ungewissen Zukunft entgegen. Ein zurzeit hängiges, nicht ganz unproblematisches Baugesuch möchte daraus ein Museum mit Gewerberaum und Wohnung machen und ihr zu einer neuen Zukunft verhelfen.
 
In der etwa 1833 erbauten Knochenstampfe am Rande des Grosses Moos in Ried wurden ursprünglich tierische Knochen zu Knochenmehl zerstampft , das als Düngemittel diente . Nach 1907 wurde sie von einer aus 7 Mitgliedern bestehenden Gesellschaft erworben, zu einer Futtermühle mit Lagerräumen umgebaut und von der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Ried bis in die sechziger Jahre betrieben . Letzter Müller war Hans Mäder-Herren . Die Anteile wurden von Generation zu Generation vererbt und nicht verurkundet. Damit gestaltete sich der Verkauf der Liegenschaft vor ein paar Jahren recht schwierig. Einige Eigentümer wurden gar in Übersee ausfindig gemacht. Der neue Besitzer aus Wabern-Bern wollte die romantische Mühle an der rauschenden Bibere zu Wohnungen ausbauen und reichte vor etwa 6 Jahren ein Vorgesuch dazu ein .
Ried bei Kerzers Alte Knochenstampfe
Wird die traditionsreiche Knochenstampfe in Ried bald zu neuem Leben erwachen ? ( Fotos : Ueli Gutknecht)
Nicht zonenkonform
Weil die Mühle in ihrer ganzen langen Geschichte nie bewohnt war und ausserdem in der Zone «übriges Gemeindegebict» (Landwirtschaftszone) liegt, erhielt er abschlägigen Bescheid. Die Parzelle « Hüslimatte » ist indessen für die landwirtschaftliche Nutzung nicht von Bedeutung. Hingegen bot sich damit die einmalige Gelegenheit, die weitherum einzigartige « Stampfe » und ihre Schlagmühlenanlage im Sinne der heutigen « Industriearchäologie » zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Rieds Gemeindebehörde wertete das Vorgesuch deshalb - trotz aller angebrachten Vorbehalte - positiv und gab dem neuer Besitzer nach umfangreichen Abklärungen entsprechende Empfehlungen , die nach Auskunft des zuständigen Gemeinderates Jakob Jakob Maeder Maeder--Lehmann im nun hängigen Baugesuch berück berücksichtigt wurden
Der Besitzer muss für( Abwasser usw.) selber aufkommen. Bauvolumen und Aussehen des Gebäudes dürfen nicht verändert werden.
Der Besitzer ist sich auch im Klaren, dass am recht starken landwirtschaftlichen Verkehr auf der Strasse ins Moos ihm zuliebe nichts geändert wird. Dies sind - nebst ansehnlichen Kosten - nur ein paar der ausgehandelten und noch anstehenden Auflagen und Einschränkungen.
Könnte das Projekt nicht verwirklicht werden, bliebe der romantischen «Knochenstampfe» der endgültige Zerfall wohl kaum erspart.

Interessante Turbinenanlage
Zur Schlagmühlenanlage kam seinerzeit eine Mischanlage und ein kleiner hölzerner Silo zur Mischfutterherstellung hinzu.
Der interessanteste Teil der Anlage aber ist die Turbinenanlage, die das durch die «Brütsche» (Stauwehr) gestaute und über einen separaten Kanal zugeleitete Wasser der Bibere nutzte. Das geringe Gefalle nötigte den damaligen Turbinenbauer, die Turbine liegend zu montieren. Sicher wusste er auch, dass die Druckseite einen besseren Wirkungsgrad als die Sogseite brachte. Deshalb montierte er die Turbine so tief in der Turbinenkammer, dass der Auslauf ohne Sogteil mit dem Unterlauf der Bibere auf einer Ebene Tag. Die Turbine lag also beim Betrieb zwei bis drei Meter unter der Wasseroberfläche der Wasserkammer. Die Antriebskraft wurde durch eine lange Welle über ein Winkelgetriebe in das Gebäude geleitet (Urs Grau, Neumühle, in der Dorfchronik von Ried).
Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe Turbine
(Fotos : Ueli Gutknecht)
Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe Transmission
Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe Transmission
Ried bei Kerzers FR Alte Knochenstampfe Transmission
Einsprachen von anno dazumal
Einsprachen verzögerten 1832 den Bau. Einige Beispiele sind schriftlich überliefert: «... und eine Stampfe zu errichten, in welcher bald allerley das Wasser Verunreinigende würde gestampft werden, sey gar nicht zuzugeben...» «...Nicht nur jene (die Kühe), sondern auch die Leute, welche bei der schweren Handarbeit zur Zeit des Heuet usw. aus Mangel an gutem und frischem Wasser oft tagelang aus der Biberen trinken, könnten sich in Gefahr setzen, ihrer Gesundheit beraubt zu werden.» Und aus dem Jahre 1833 ist unter anderem überliefert: «...dass die Errichtung einer Knochenstampfe etwas sehr Unreinliches ist wegen des fast unleidentlichen Geruches, den das Knochenmehl während der Gärung verursacht...» ... Die Leute, welche zur Zeit der Heuernte, die gewöhnlich sehr lange dauert, sich dort in der grossen Umgegend aufhalten, Gefahr leiden könnten 'bei dem üblen Geruch, den dieses Mehl bey der grossen Sommerhitze verbreitet, ihrer Gesundheit beraubt zu werden ...» -ugu- (Ueli Gutknecht)
Das Ende des Stauwehrs

Im Rahmen der 5. Etappe der Biberen-Korrektion wurde wegen Überschwemmungsgefahr das  alte Stauwehr der Knochenstampfe Anfangs der 1990er-Jahren entfernt.
Geblieben sind und die folgenden Bilder von Ueli Gutknecht aus dem Jahre 1991.
Ried bei Kerzers Alte Knochenstampfe Stauwehr
Ried bei Kerzers Alte Knochenstampfe Stauwehr
Ried bei Kerzers Alte Knochenstampfe Stauwehr
Und heute?

Seit nunmehr knapp 30 Jahren ist es still geworden um die alte Knochenstampfe. Sofern es möglich wird, das Gebäude zu besichtigen, werde ich diese Frage gerne beantworten.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herr und Frau Gutknecht für die Gastfreundschaft und das Überlassen der Fotonegative bedanken.
Und heute?

Am Abend des 4. Mai 201, kurz vor einer aufziehenden Sturmfront, konnte ich das Gebäude kurz von aussen besichtigen.
Die Stimmung hat gepasst.
Ried bei Kerzers Knochenstampfe
Ried bei Kerzers Knochenstampfe
Ried bei Kerzers Knochenstampfe
 
 
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