Hohenrain LU Herrenmühle - Mühlenkalender

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Hohenrain LU Herrenmühle

Mühlen-Inventar Schweiz > Kanton Luzern > Hohenrain LU
Herrenmühle Hohenrain LU
Lage:
Herrenmühle 2, 6276 Hohenrain

CH1903+ / LV95 2'665'791, 1'226'341
WGS 84 (lat/lon) 47.18476, 8.30666
Höhe 536 m

Lage in der Mühlenkarte
Hinweise:

https://s.geo.admin.ch/9560a6140f
https://www.geo.lu.ch/map/kulturdenkmal/?FOCUS=2665836:1226335:1000&BASEMAP=G

Das Gespenst in der Herrenmühle zu Hohenrain
Seetaler Brattig 1987: Link https://seetalerbrattig.ch/wp-content/uploads/2018/10/brattig_1987.pdf


Hohenrain LU Herrenmühle Günikon
Im kantonalen Denkmalverzeichnis und Bauinventar des Kantons Luzern wird die Herrenmühle folgendermassen beschrieben:

Baujahr: 1716.  Die stattliche Herrenmühle hat ihr äusseres Erscheinungsbild aus dem 19. Jahrhundert weitgehend erhalten und ist ortsgeschichtlich, insbesondere im Zusammenhang mit der Johanniterkommende, trotz Verlust des Mühlewerks von grosser Bedeutung. Durch seine Lage und den ihn umgebenden Freiraum besitzt das Gebäude einen ausgezeichneten Situationswert.

So friedlich, wie die Mühle auf der Foto der Denkmalpflege daherkommt, war es aber nicht immer.
In der "Seetaler Brattig" von 1987 findet sich dazu aus der Feder von Franz Wey aus Hochdorf folgende Gespenstergeschichte:

Das Gespenst in der Herrenmühle zu Hohenrain



Ein Gespenst, oder wie man bei uns sagt " Gschpeischt", ist eine SpukGestalt, meist von einem Verstorbenen, der zur Geisterstunde erscheint, die Lebenden erschreckt, sich für ihm zu Unrecht Angetanes rächt oder aber seine eigenen Missetaten zu sühnen versucht. "Wandeln" muss, wer zu Lebzeiten einen Grenzstein versetzt, jemanden ins Elend gebracht, an Tier oder Mensch gefrevelt, sich zu Unrecht bereichert oder andern Menschen Schaden zugefügt hat.
 
Das Gespenst erscheint in verschiedenen Formen, einmal als schwarze Katze mit rotglühenden Augen, dann als Hund mit flammendem Rückenhaar und Schwanz, bald als Gerippe mit hohltönender Stimme, als unsichtbares und leise säuselndes Wesen, das einen infernalischen Schwefelgeruch hinterlässt, aber auch als polternder Unflat, der Ketten auf dem Holzboden umherschleppt und Balken ächzen lässt. Es kann als klagendes Nichts auftreten, das aus Bretter spalten Drohungen in den Raum zischt, als eine Art Toggali, das einen Spätheimkehreran eine bestimmte Stelle bannt und der am Morgen, nachdem er fünf Vaterunser gebetet hat, mit einem angehexten geschwollenen Kopf dasteht. Es kann Flammenzeichen aufleuchten lassen, einen ruhigen Bach in ein tobendes Rauschen versetzen und ganze Heere wilder Gestalten über ein Feld preschen lassen.
 
Solches und mehr erzählten uns die Grosseltern an trüben Herbst- und Winterabenden nach dem Rosenkranzbeten, vor allem dann, wenn wir Kinder noch nicht ins Bett wollten. Und wenn wir dann endlich gingen, so musste die Mutter die Läden ganz fest schliessen und für kurze Zeit auf den Bettrand sitzen, mit der Hand über unsere wirren Haarschöpfe fahren, einen Kuss auf die geröteten Wangen hauchen - erst dann konnten wir das Gehörte vergessen. Nur ein böser Traum wäre imstande gewesen, uns wieder aufzuwecken. "Es gibt doch keine Gespenster", sagte der Vater oft, und der musste es ja wissen.
Vor vielen, vielen Jahren machte sich ein Bauer auf der Herrenmühle zu Hohenrain die Geister-Gläubigkeit seiner Zeitgenossen zunutzen, weil er seine Miterben auf möglichst billige Weise abspeisen wollte (die heutigen Besitzer der Herrenmühle haben mit der Sache nichts zu tun; es bestehen auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen).
Die Herrenmühle war also herrenlos geworden, der Vater war gestorben, und die Erben, wie das halt gar oft der Fall ist, wurden sich um den Wert des Hofes und über die Höhe der Auskaufsteile nicht einig. Der künftige Bauer drückte bei den Verhandlungen kräftig auf den Preis und als das nichts nützte, liess er in den alten und weiträumigen Mühlegebäuden, dann wieder in der zugehörigen Scheune, "gschpeischten". Er stellte sich vor, dass ein Hof, auf dem es geistere, nicht sehr begehrt sei. Sein Wert sinke, und er käme günstig in den Besitz der Herrenmühle.

In bestimmten Nächten, je nach dem Stand des Mondes, meistens bei Vollmond, rumpelte und "chettete", pfiff und stöhnte es, als ob jemand schwere Lasten schleppe; zeitweise war ein unheimliches, verhaltenes Geheul zu hören. Im ganzen Tal redete man bald vom "Heeremühligschpeischt". Viele fürchteten sich davor, andere lachten darüber. Eines Nachts zogen vier der Lacher Richtung Herrenmühle, um das Gespenst auszunehmen. Einer der Beteiligten, nämlich der "Egli-Dick", ein grosser, starker Mann, der es mit jedem aufgenommen hätte, erzählte mir die Geschichte selber. Angeschlichen hätten sie sich, auf alles gefasst und zu allem entschlossen. Da habe es plötzlich unheimlich zu "ruuggen" und zu klirren begonnen, das alte Mühlerad, das seit Jahren nicht mehr benützt worden sei, begann sich langsam und immer schneller von selbst zu drehen. Sie hätten einen derart heiligen Schrecken in den Knochen verspürt, dass sie schnurstracks umgekehrt und losgerannt seien, ohne sich
auch nur ein einziges Mal, umzudrehen. Erst beim "Chöubli" hätten sie sich wieder einigermassen in Sicherheit gefühlt. Der richtige Schnuuf sei ihnen jedoch erst beim Hochdorfer Schiessstand wieder gekommen. Es war also kein leeres Gerede: vier mutige Männer hatten sich persönlichauf der Herrenmühle von der Existenz des Gespenstes überzeugen lassen.
 
Das Herrenmühle-Gespenst war jedoch kein unsichtbarer Geist, sondern ein kleiner und unbeachteter Mensch, der von der Natur nicht gerade mit blendenden Gaben ausgestattet war. Mansagte von ihm, dass er das Wasser nicht behalten könne und deshalb meistens auf dem Heuboden oder im Stroh schlafe. Man nannte ihn den kleinen Moserli oder den Moser-Seppali, gebürtig war er aus Aesch. Ungeeignet zum Arbeiten tippelte er im Tal umher, im Sommer kam er auf seinen Wanderungen bis an den Fuss des Napf; im Herbst zog es ihn wieder in den Chlotisberg zurück. Die Leute kannten ihn, den kleinen, pfiffigen Seppali, mit seinen wasserblauen, ewig schwimmenden Aeuglein, der das, was ihm die Natur an Gaben verweigert, durch mitleiderregendes Getue wieder ausglich. Er heuchelte Unterwürfigkeit und gab dem Ganzeneinen Anstrich grosser Frömmigkeit. Er zog von Hof zu Hof, bat um eine Suppe, verschmähte sie jedoch, sobald etwas Besseres auf den Tisch kam, mit der Ausrede, er habe eben gerade eine Suppe gehabt. Er half den Kindern den Rosenkranz beten und bemerkte so nebenbei, jetzt sei er ganz ausgetrocknet, ein Doppelspänniges täte ihm gut. Mit frommen Sprüchen erreichte er sein Ziel. Als er wieder einmal ohne Abschiednehmen den Chlotensberg verliess, um seine halbjährige Sommerwanderung durch das Luzernerland anzutreten, stiess er vor dem Heim unvermitteltauf den Heimdirektor Kaspar Oehen. "Jä, Seppali, wohin in aller Frühe?" "Wüssider, Herr Diräkter, immer im Früelig ziehts mech halt eifach zurMuettergottes uf Einsedle, und wenn Ehr meer für d'Maria wend e Föifliiber mitgä, so nemm ich ihn gern mit.." Der Direktor kannte seinen Seppali, griff in den Geldsack - in Einsiedeln hat man die Münze wohl nie in einem Opferstock gefunden...
 
Dieser Moser-Seppali wurde dann vom Herrenmühle-Bauer mit Most und Kaffee dazu gebracht, jeweils gegen Mitternacht "go z'gschpeischte". Er schleppte Ketten umher, polterte mit dem Besen gegen die Wände, machte mit hohler Stimme "Huu-huu-huu". Was das Gruseligste und zugleich das Gefährlichste war, er stieg in das alte morsche Mühlerad, das sich unter seinen Tritten zu drehen begann und zu ächzen anfing. 
Man liess einen Kapuziner kommen, der den bösen Geist hätte "usebenedizieren" sollen; sein Segen habe jedoch keine Wirkung gehabt. Dann setzten ein paar beherzte mutige Männer, denen das Ganze schonlängst mehr als verdächtig vorgekommen war, dem Schabernack ein Ende. Sie entlarvten das unselige Gespenst.Seppali musste aufs Amt und gestand dort seine und seines Anstifters Untat. Bald kam ein anderer Bauer auf die Herrenmühle; Gespenster hat es dort seither keine mehr gegeben. 
Seppali blieb der Name "Heerenmühligschpeischt". Auch wenn er nach mehr als dreissig Jahren wieder in einem Wirtshaus auftauchte, war sicher einer unter den Gästen, der ihn erkannte. Wenn dieser auch nur ganz leise und hinter vorgehaltener Hand Seppalis Überkamen einem Kollegen zuflüsterte, hörte das Seppali. Es machte fast den Anschein, als ob erdarauf gelauert hätte. Er fing an zu jammern und versicherte, er habe ja alles abgebüsst. Er wartete misstrauisch und verschlagen, bis einer der Gäste, angerührt von soviel Missgunst und nachtragendem Tun, ihm ein gut gestampftes Kafi bringen liess.
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Das Herrenmühle-Gespenst
JOSEF MOSER
29. April 1902 - 13. April 1966
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Seppali kam in der Nacht vom 13. Auf den 14. April 1966 auf grässliche Weise ums Leben. Er überquerte bei der Sägerei Büezwil (Sempach- Station) unvorsichtig die Kantonsstrasse und wurde dabei von einem Auto erfasst und weggeschleudert. Seinen Körper fand man in der nahen Wiese - ohne Kopf. Nach langem Suchen fand man sein Haupt im Auto auf dem Mitfahrersitz. Die Strebe der Windschutzscheibe hatte es beim Aufprall abgeschlagen. Auf dem Friedhof zu Aesch hat man Moser-Seppalis zerschundenen Körper zur letzten' Ruhegebettet.
 
Von Gespenstern ohne Kopf und solchen, die ihn unter dem Arm tragen, wurde schon erzählt - vielleicht gehört der Moser Seppali dereinst auch dazu.

Franz Wey



 
 
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