1878 Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté-sous-Jouarre - Mühlenkalender

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1878 Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté-sous-Jouarre

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Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté-sous-Jouarre
Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté-sous-Jouarre.

Der folgende Artikel stammt aus dem
Polytechnischen Journal, 1878, Band 227 (S. 531–534)

Als die besten Mühlsteine sind die aus den Steinbrüchen von La Ferté-sous-Jouarre bezogenen weit und breit berühmt. Die der tertiären Formation angehörigen Gesteinsschichten, aus denen sie gehauen werden, haben eine Mächtigkeit von 3 bis 6m und sind von weiss bis zu braun in verschiedenartigen Nuancen gefärbt: hellgrau, blaugrau, himmelblau, rosaviolett, gerstenzuckergelb, gelbgrau und graubraun. Als Primaqualität gilt der weissliche blaugeaderte Stein, als zweite der sogen. oil de perdrix, ein mit unendlich vielen kleinen Poren besäeter Stein. Es ist übrigens zu bemerken, dass, wenn auch die Farbe auf den ersten Blick einen gewissen Anhaltspunkt zur Beurtheilung der Qualität darbieten mag, man doch keinen allzu grossen Werth darauf legen sollte; vielmehr ist die vollkommene Gleichförmigkeit der Härte und der Poren als massgebendes Kriterium seiner Güte zu betrachten. Die Farbe rührt ja nur von den mineralischen Oxyden her, welche auf seine Widerstandsfähigkeit, mithin auf seine wirkliche Qualität keinen Einfluss haben. Das specifische Gewicht des Gesteins ist je nach seiner Färbung und der Lage des Steinbruches ein verschiedenes; es schwankt im Allgemeinen für die zu Läufern sich eignenden Blöcke zwischen, 2,20 und 2,40, für die Bodensteine zwischen 2,00 und 2,20.
 
Auf dem Werkplatz angelangt, werden die Steine sortirt und in Gruppen abgetheilt. Jede Gruppe umfasst diejenigen Steinstücke, welche zur Fabrikation eines Mühlsteins von mittlerem Durchmesser nöthig ist und nur aus Blöcken von gleicher Farbe, gleichem Korn, gleicher Härte und vollkommener Homogenität bestehen darf. Zur Erzielung |532| eines tadellosen Mahlgutes ist es wesentlich, dass Läufer und Bodenstein aufs innigste zusammenpassen und ausserdem mit der Natur der zu mahlenden Getreideart und der landesüblichen Mahlmethode in vollkommenem Einklang stehen.
 
Die Mühlsteinfabrikation in La Ferté umfasst folgende Operationen:
1) Das Behauen der Blöcke, aus denen der Mühlstein zusammengesetzt werden soll, und die Vollendung der Fugen;
2) das Aneinanderfügen und Verkitten der Stücke;
3) das Binden des Mühlsteins mit eisernen Reifen;
4) das Ausfüllen mit einer Mischung aus Cement, Sand und Stein;
5) das Zurichten der Mahlflächen des Bodensteins und Läufers, und das Einschneiden der Furchen. (Vgl. die Abbildungen auf Taf. 36).
 
1) Das Behauen der Blöcke. Das erste Geschäft nach getroffener Auswahl des Gesteins besteht in der Beseitigung des Hangenden – eine Arbeit, die im Freien vorgenommen wird. Zu dem darauf folgenden Herrichten der Flächen, welche beim Zusammenfügen genau auf einander passen müssen, bedienen sich die Arbeiter zunächst der Spitzpicke Fig. 4, dann für die feinere Ausführung des Meisseis (Bille) Fig. 5 und 6, auf welchen sie mit Holzschlägeln klopfen, und schliesslich einer Breitpicke Fig. 7 und 8. Der Arbeiter legt das zu behauende Steinstück auf einen Bock, ungefähr 0m,90 über dem Boden, um das Arbeitsstück besser im Auge und bei der Hand zu haben, wobei er freilich den feinen Staub nahe am Gesicht hat; dies ist ein ernster Uebelstand, dessen Beseitigung längst das Ziel mehr oder weniger erfolgreicher Bemühungen intelligenter Arbeiter gewesen ist. Eine vollständige Lösung dieses Problems ist jedoch erst dem Mühlstein-Fabrikbesitzer G. Roger durch einen Apparat gelungen, welcher im Princip mit seiner Maschine zum Zurichten der Mühlsteine (*1877 226 576) grosse Aehnlichkeit hat, weshalb hier von der Beschreibung desselben Umgang genommen werden darf.
 
2) Das Zusammenfügen und Verkitten, der Stücke. Nachdem das Mittelstück des Mühlsteins fertig gestellt, seine Oberfläche geebnet ist und die Seitenflächen rechtwinklig zu der letzteren geschnitten sind, so bringt man das in Fig. 9 und 10 in Seiten- und Vorderansicht abgebildete Werkzeug in das Steinauge; es besteht aus einer über dem Auge zu befestigenden runden Scheibe D und aus einer um den Zapfen p drehbaren, durch eine Flügelmutter feststellbaren Schiene R. Diese durch eine Rippe verstärkte Schiene ist mit einem Gleitstück g versehen, welches man, zur Fixirung des Mühlstein-Halbmessers und um dem Arbeiter die Herstellung der Cylinderform zu erleichtern, in dem erforderlichen Abstande vom Mittelpunkt mittels Schraube und Mutter feststellt.
 
Zur Verbindung der Steinstücke unter sich bedient sich eine Anzahl Fabrikanten des Gypses, andere des Cementes, O. Roger dagegen eines besonderen Kittes, worin der vom Mühlstein selbst kommende |533| Staub einen Bestandtheil bildet. Dieser Kitt wird beim Trocknen so hart wie der Stein und bildet mit diesem ein auf das solideste zusammenhängendes Ganzes. Der Arbeiter verkeilt die Steinstücke auf der unbehauenen Seite mit Steinbrocken, um die Höhlungen auszufüllen. Der Mühlstein seilt sich hiernach, wie Fig. 9 zeigt, als eine auf der einen Seite ebene, auf der andern Seite höckerige Scheibe dar. Die Anordnung der Blöcke um das Herzstück, welches in La Ferté boitard oder l'oeillard genannt wird, je nachdem er dem Bodenstein oder dem Läufer angehört, ist aus Fig. 10 ersichtlich.
 
3) Das Binden des Mühlsteins. Der auf die beschriebene Weise hergerichtete Mühlstein wird, wie Fig. 11 zeigt, umgelegt, so dass die Mahlfläche nach unten zu liegen kommt. Mit Hilfe besonderer Zangen zieht man den ersten 25mm breiten und 8 bis 9mm dicken Eisenreif F rothglühend über den Stein, jedoch so, dass er nur 2 bis 3cm vom Rande der Mahlfläche absteht. Beim Erkalten zieht sich der Reif zusammen und presst die Theile des Mühlsteins auf das festeste an einander. Dieser Reif ist in der Regel nur provisorisch und wird später wieder abgenommen. Unmittelbar darüber kommt ein zweiter 80mm breiter, 3mm dicker Reif F' zu liegen, welcher nicht zusammengeschweisst, sondern einfach zusammengenietet ist. Ein dritter Reif (F1) von der Grösse des letzteren folgt erst nach geschehener Ausfüllung.
 
4) Die Ausfüllung des Mühlsteins erfordert seitens des Arbeiters grosse Sorgfalt und einen geübten Blick. Zur Erläuterung der in den Werkstätten von Roger und Comp. eingeführten Methode dienen Fig. 12 und 13, welche den Läufer nebst Hilfsvorrichtung in Verticalschnitt und Grundriss darstellen. Nachdem der Mühlstein in geringer Höhe über dem Boden in horizontale Lage gebracht worden ist, umgibt man ihn mit einem Mantel von der Form eines Eisenbandes G, dessen breite der dem Stein zu gebenden Dicke genau entspricht. Ein Rohr H versenkt man in das cylindrische loch des Mittelstückes und füllt sodann den ganzen Zwischenraum mit einer Mischung von Cement, Sand und Steinstückchen aus, indem man auf eine möglichst regelmässige Vertheilung dieses Füllmaterials Bedacht nimmt; der Mühlstein erlangt dadurch einen festen Zusammenhang und Dauerhaftigkeit. Um eine in der Mitte des Auges senkrecht angebrachte Spindel A lässt sich an einem Gestell BB' das eiserne Richtscheit G herumdrehen, um die überflüssige Masse abzustreifen, welche über die durch die oberen Kanten der Eisenmäntel G und H begrenzte Fläche hervorragt. Die eisernen, mit Handhaben versehenen, ebenen und gewölbten Paletten Fig. 14, 15 und 16 dienen zur vollkommenen Glättung der Oberfläche der Masse. Beim Ausfüllen bringt man an gegenüber liegenden Stellen zwei mit Röhren C ausgefütterte Seitenlöcher (Fig. 17) an und ausserdem im Rücken des Steins in gleichen Abständen 4 Löcher E (Fig. 12 |534| und 13); erstere dienen für die Bolzen des Krahnes zum Aufnehmen des Steins, letztere zur Aufnahme von Büchsen, welche der Arbeiter behufs der Ausbalancirung des Steins mehr oder weniger mit Eisenschrot oder Bleistücken füllt.
 
Die Fabrikanten Bouchon und Gueuvin haben die in Fig. 18 dargestellte vortreffliche Methode eingeführt, welche den Arbeiter in den Stand setzt, den Mühlstein im Fortgang seiner Zusammensetzung und Ausfüllung beständig gleichgewichtig zu halten, so dass sein Schwerpunkt stets in der Achse liegt. Ein hohler, von unten in das Läuferauge geschobener Kegel J trägt nämlich auf mehreren von seinem Boden aus sich erstreckenden horizontalen Lappen den Mühlstein. Die Spitze einer Schraube v ruht auf einer genau in der Achse des Auges angeordneten Säule und bildet den Aufhängepunkt, um welchen das System balancirt. Durch Regulirung dieser Schraube lässt sich der Abstand dieses Punktes vom Schwerpunkte des Mühlsteins nach Bedürfniss ändern.
 
Nach vollendeter Füllung wird ein zweiter Eisenreif F1' (Fig. 17) aufgezogen, dessen oberer Rand mit der Rückenfläche beinahe in gleicher Höhe liegt.
 
5) Das Zurichten der Mahlflächen soll dem Mühlstein seine Vollendung geben; es ist von G. Roger unter besonderer Berücksichtigung der Gesundheitsverhältnisse der dabei beschäftigten Arbeiter in einer Weise durchgeführt worden, welche kaum noch etwas zu wünschen übrig lässt. Die Beschreibung dieser Maschine findet sich bereits in D. p. J. *1877 226 576.
 
Was endlich das Einschneiden der Furchen betrifft, so behält sich unsere Quelle hierauf bezügliche Mittheilungen für eine spätere Gelegenheit vor. (Im Auszug nach Armengaud's Publication industrielle, 1877 Bd. 24 S. 197 bis 232.)
 
 
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