Am Waldrand ob der «Rüti», da lag ein Sagbaum schon längere Zeit zum Abholen bereit. Solch dicke Baumstämme bleiben oft längere Zeit an ihrem Ort liegen. Unser Baum nun hat einem Lausener in die Augen gestochen. So oft er daran vorbeiging, wurde sein Herz mit schwarzen Gedanken erfüllt. In einer noch schwärzeren Nacht kam sein Plan zur Ausführung. Einige Freunde, junge kräftige Leute, halfen ihm «ohne Hü ud Ho», den schweren Eichenstamm vom Waldrand herunterschaffen. In aller Heimlichkeit führten sie die schwere Last talaufwärts bis oberhalb Böckten zur dortigen Sägerei, wo Stämme aller Grössen lagen, aber daneben noch genug Raum für den Eichstamm boten. Mit einer Kreide schrieben die nächtlichen Fuhrleute an dessen Stirne das Mass der gewünschten Bretter und Balken. Der Säger mag am Morgen grosse Augen gemacht haben, einen Sagbaum zu sehen, der von Unbekannten nächtlicherweile hergebracht worden sein musste. Sie werden von weit her gekommen sein und sich unterwegs verspätet haben, dachte er und nahm seine gestrige Arbeit wieder auf. Da sich niemand einfand, über den rätselhaften Arbeitsauftrag Bericht zu geben, Hess der Säger den Baum einstweilen liegen. Als er ihm schliesslich den Platz versperrte und sich immer noch niemand deswegen gezeigt hatte, so fing er einmal an einem gelegenen Tag an, mit seinen Hebeln und andern Hilfsmitteln den schweren Sagbaum unter das Sägegatter zu wälzen. Als der Stamm geschnitten war, spettelte der Säger die entstandenen Teile kunstgerecht auf. Wer aber beschreibt sein Entsetzen, als er eines Morgens den Platz leer fand. Niemand hatte ihm diesmal durch eine Kreideaufzeichnung Genaueres verraten. So sah er sich auch noch für seine Mühe um seinen Arbeitslohn geprellt.
Quelle: Zeitschrift: Baselbieter Heimatblätter, Band (Jahr): 26 (1961-1962), Heft 4
Link: http://doi.org/10.5169/seals-859577
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