Beleuchtungsanlage der Kuranstalten in Ragaz. - Mühlenkalender

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Beleuchtungsanlage der Kuranstalten in Ragaz.

Mühlen-Inventar Schweiz > Kanton St.Gallen > Bad Ragaz SG
Beleuchtungsanlage der Kuranstalten in Ragaz
Lage:
Pfäferserstrasse 4, 7310 Bad Ragaz SG

Koordinaten:
CH1903+ / LV95 2'756'858, 1'207'528
WGS 84 (lat/lon) 47.00026, 9.50127
Höhe 519 m

Hinweise:
https://www.geoportal.ch/ktsg/map/23?y=2756844.73&x=1207488.55&scale=539&rotation=0
Zeitschrift: Schweizerische Bauzeitung, Band (Jahr): 21/22 (1893), Heft 20, Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-18204
Mitteilung 2020 und Foto 2016 Renato Cieli 2020
Beleuchtungsanlage der Kuranstalten in Ragaz

Die Beleuchtungsanlage in den Kuranstalten in Ragaz, welche seit Juni vorigen Jahres im Betriebe ist, umfasst etwa 2000 Glühlampen zu 16, 25 und 50 Kerzen und 42 Bogenlampen zu 6, 8 und 12 Amperes. Ausserdem werden von der Centrale aus zwei Elektromotoren von 5—7 P. S. zum Betrieb von zwei Personenaufzügen mit elektrischem Strom versorgt. Die Anlage ist nach dem Gleichstrom-System gebaut mit 1 10 Volt Lampenspannung. Die Betriebskraft, der Tamina entnommen, hat eine Grosse von 500 P. S. und resultiert aus einem Gefälle von 16 m und einer Wassermenge von 3m3.
 
Etwa 200 m oberhalb des Dorfes Ragaz, am Eingang in die weltbekannte Taminaschlucht, liegt die Wasserfassung des Werkes. Bevor das Wasser die Druckleitung erreicht, fliesst dasselbe durch einen 130 m langen,- im Felsen eingehauenen Tunnel, an dessen Ende sich, vor dem Einlauf der Druckleitung, ein Reservoir mit Schlammkasten und Leerlauf befindet. Die Druckleitung hat einen Durchmesser von 1,4 m und eine Länge von rund 80m.
 
Die Centrale, welche auf dem Gebiete der Kuranstalten, neben der nun ausser Betrieb gesetzten Gasfabrik steht, ist ein massives, im Unterbau aus Cementguss, im Oberbau aus Cementsteinen hergestelltes, mit einem Eisendach bedecktes Gebäude von 23 111 Länge, 12 m Breite und 5m Höhe. (Fig. 1, 2, 3.) Dasselbe enthält drei Turbinenkammern für zwei Turbinen zu 200 P. S. und eine solche zu 100 P. S. 
Sämtliche drei Turbinen sind bereits zur Aufstellung gelangt. Dieselben, nach System Girard gebaut mit voller Beaufschlagung, haben vertikale Wellen, und sind für 150 Umdrehungen in der Minute berechnet. Jede Turbine ist sowohl von Hand als auch automatisch regulierbar. Alle drei übertragen ihre Arbeit mittels konischer Getriebe auf die im Maschinensaal montierte horizontale Haupttransmissionl auf welcher nebst den Antriebsriemenscheiben für die Dynamos zwei mächtige Schwungräder von je 5000 kg Gewicht aufgesetzt sind. Letztere dienen zum Ausgleich von plötzlichen Tourenschwankungen, welchen Zweck sie vollständig erfüllen.
 
Die Haupttransmission kann mittels zweier Klauenkuppelungen in drei, von je einer Turbine anzutreibende Wellen geteilt werden; zudem sind die konischen Räder ausrückbar, so dass zum Antrieb einer beliebigen Dynamo jede Turbine nach Bedürfnis gewählt werden kann.
 
Von der Haupttransmission aus, welche 300 Umdrehungen in der Minute macht, werden vier Gleichstromdynamos zu 100 P. S. mittelst Riemen angetrieben. Eine fünfte Dynamo, für welche die Fundation bereits fertig ist  kommt bei der Vergrösserung der Anlage zur Aufstellung. Die Dynamos für eine elektrische Kapacität von 110 bis 120 Volts und 600 Amperes bei 430 Umdrehungen sind vierpolige Nebenschlussmaschinen mit Trommelwickelung auf dem Induktor. Dieselben gehen bei voller Belastung funkenlos und erwärmen sich infolge der ausgezeichneten Abkühlung des Ankers nur sehr wenig. Alle Lager sind selbstölend.
 
Die Dynamos (Fig. 4) stehen auf Spannschienen, die auf Holzunterlagen aufgeschraubt sind. Die Leitungen, die den Strom von den Maschinen zur Hauptschalttafel leiten, bestehen aus Bleikabeln, die in eigens dazu hergestellten Kanälen im Boden eingelassen sind.
Die Hauptschalttafel (Fig. 5) aus Marmor, enthält übersichtlich angeordnet die nötigen Mess- und Schaltapparate, sowie einen optisch-akustischen Signalapparat. Die Schaltapparate, welche mit Sicherungen verbunden sind, gestatten ein Einzel- und Parallelschalten aller vier Dynamos, sowie ein beliebiges Ein- und Ausschalten der zehn Stromkreise, in welche die ganze Anlage geteilt ist. Unter der Schalttafel sind die vier zum Kuppeln eingerichteten Nebenschlussregulatoren aufgestellt.
Die Leitungen der zehn Stromkreise sind von der Hauptschalttafel aus bis zu ihrem Bestimmungsorte unterirdisch verlegt, und bestehen aus einfachen,  mit geteertem Band umwickelten Bleikabeln, welche in mit Sand gefüllte Thonkanäle eingebettet wurden. Letztere liegen in Graben von etwa 60 cm Tiefe und 30 an Breite.
 
Diese Leitungen sind für einen maximalen Verlust von 6 % berechnet und wurden der Betriebssicherheit halber so angeordnet, dass jede Leitung eines Stromkreises aus vier Kabeln besteht, zwei für die Hin- und zwei für die "Rückleitung, von denen jedoch je zwei zusammen den für erwähnten Verlust nötigen Querschnitt haben.
 
In jedem Gebäude, in dem die Leitung eines Stromkreises endigt, ist eine Schalttafel mit bequem ausschaltbaren Hauptsicherungen montiert. An diesen Schalttafeln sind die Leitungen der Gebäude-Installationen angeschlossen.
 
Die Leitungen in den Gebäuden sind durchwegs in Holzleisten verlegt, mit Ausnahme der Küchen- und Kellerräumlichkeiten, in denen die Drähte auf Porzellan montiert wurden, oder Bleikabel zur Anwendung gekommen sind. Gesichert sind die Leitungen in jedem Stockwerk durch eine doppelpolige Hauptbleisicherung. Ausserdem ist in die Leitung jedes einzelnen Zimmers eine einpolige Sicherung eingeschaltet. Sämtliche Sicherungen sind in den Korridoren montiert, so dass, um erstere zu ersetzen, die Zimmer nicht betreten werden müssen.
 
Alle grösseren Zimmer haben zwei bis fünf Lampen, von denen eine bezw. drei in der Mitte des Zimmers und eine in der Nähe des Bettes angebracht ist. Die Lampen eines Zimmers sind stets mit Umschaltern versehen, so dass abwechslungsweise die Lampe am Bett mit der- bezw. denjenigen in der Mitte des Zimmers brennen kann.
 
Besondere Erwähnung verdient die Beleuchtung der Speisesäle in den Hotels Quellenhof und Hof Ragaz. In ersterem, welcher eine Länge von 18m eine Breite von 13 m und eine Höhe von etwa 8 m hat, sind an der Decke, gleichmässig verteilt und in sechs Gruppen abstellbar, 30 Beleuchtungskörper angebracht, von denen jeder eine Glühlampe zu 50 und vier solcher zu 16 Kerzen enthält, so dass in dem Saale eine Leuchtkraft von 3420 Kerzen erzeugt werden kann. Im Speisesaal des Hotel Hof Ragaz, der eine Länge von 19 m, eine Breite von 18 m und eine Höhe von rund 7 m hat, sind zwei grosse Leuchter mit je sieben 50 kerzigen Glühlampen, ein Leuchter mit drei und zehn Ampeln mit je 16 kerzigen Glühlampen montiert. In zwei Gruppen abstellbar sind die grossen Leuchter, sowie die zehn Ampeln.
 
Die Bogenlichtbeleuchtung umfasst, wie eingangs erwähnt, 42 Bogenlampen, von denen 14 zu 12 Amperes zur Beleuchtung der Bahnhofstrasse in Ragaz, acht zu 12 Amperes zur Beleuchtung der AnIagen vor den Hotels und die übrigen zur Beleuchtung des Kursaals und der Gartenanlagen dienen.
 
Die Anlage darf als eine äusserst gelungene bezeichnet werden, denn sie ist bis in alle Einzelheiten dem gegenwärtigen Stande der Technik angepasst. Da die Besitzer der Kuranstalten, die Herren Gebrüder Simon, vor den Kosten nicht zurückschreckten, sondern in jeder Beziehung nur das beste und vollkommenste wünschten, und ferner auch am Bau des Werkes regen Anteil nahmen, konnte eine Anlage entstehen, die ihresgleichen sucht.
 
Die Turbinen lieferte die Aktiengesellschaft vormals J. J. Rieter & Cie in Töss-Winterthur. Der gesamte elektrische Teil der Anlage war der Maschinenfabrik Oerlikon übertragen. Die Kabel stammen aus der Kabelfabrik in Cortaillod und die Beleuchtungskörper aus der kunstgewerblichen Werkstätte des Herrn Paul Stotz in Stuttgart.

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