Magden AG Ehemalige Öle - Mühlenkalender

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Magden AG Ehemalige Öle

Mühlen-Inventar Schweiz > Kanton Aargau > Magden AG
Magden AG Ehemalige Ölmühle
Lage:
Hauptstrasse 26, 4312 MagdenAG

CH1903+ / LV95 2'628'125, 1'264'212
WGS 84 (lat/lon) 47.52804, 7.81210
Höhe 325 m

Der folgende Artikel stammt aus der Feder von Karl Kaiser-Flückiger und wurde 1986 in den Rheinfelder Neujahrsblätter, Band (Jahr): 42 (1986) veröffentlicht.

Ehemalige Ölmühle in Magden
von Karl Kaiser-Flückiger
Ehemalige Ölmühle in Magden
Abb. Seite 146:
Zeichnung um 1930, Aussenansicht mit «Herbstet»-Stimmung,
v.r.n.l: Der Nachbar beim «Herbsten» seiner Länder; der Beamte als «Schnapsvogt»; der «Bückiträger»; die Winzersleute mit Rebmesser und Weinflaschen.
Anschrift am Oligebäude, in welchem auch eine Trotte betrieben wurde: Die Rebflur / unser ewiger / Treue – Schwur
Öle Magden
In Magden wurde jahrhundertelang für den täglichen Gebrauch Öl gewonnen. Es dürfte sich um eines der ältesten Gebäude Magdens handeln, in welchem die «Oli» untergebracht war. Diese Öli stand am Wintersingerbach, also an der heutigen Hauptstrasse. Bis ins Jahr 1932 war es ein reiner Gewerbebau.
An den Grundmauern des heutigen Wohnhauses «Hauptstrasse 26» ist die alte Bausubstanz noch deutlich erkennbar. 1932 Hess nämlich mein Grossvater, Jos. Kaiser-Schneider, eine Wohnung auf die über meterdicken Ölimauern bauen. Die Wohnung für die junge Familie seiner ältesten Tochter Elisabeth, meiner Mutter.
Die Öli-Einrichtungen im Kellergeschoss blieben unverändert bestehen und wurden von meinem Vater weiter als Kundenölerei betrieben.
In den Kriegsjahren gewann der Gedanke der Selbstversorgung an Bedeutung und die Inanspruchnahme der Öli stieg. 1940 entschloss sich mein Vater, die alten, langsam arbeitenden «Einrichtungen» zu modernisieren und durch eine «Maschine» zu ersetzen. So bot er die damals schon antike Einrichtung dem Fricktaler Heimatmuseum als Sammelobjekt an. Der damalige Museumsleiter, Bezirkslehrer Anton Senti, hatte keinen Platz in seinem Hause und leitete das Angebot an das Landesmuseum nach Zürich weiter. Aber auch hier fehlte der nötige Platz. Waren es die Sorgen des Krieges, welche den Wunsch, eine solche Einrichtung der Nachwelt zu erhalten, unterdrückten oder wurde eine derart alte Arbeitsweise bereits belächelt in unserer technisierten Zeit? Das Urteil über die hölzernen Zahnräder (mehrere Kubikmeter) und die Einrichtung wurde gefällt und sie landeten im Feuerloch der modernisierten Öli.
 
Konstruktion der Öle
Da es sich um eine sehr alte Einrichtung handelte, welche in ihrer ursprünglichen Konstruktion erhalten blieb, bestand das Ganze praktisch nur aus Holz. Anhand der letzten Fotos von 1939 erkennt man das hölzerne Räderwerk der alten Ole. Nur ganz wenige Teile, wie die Press-
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Ehemalige Ölmühle in Magden
Abb. Seite 148:
Innenaufnahme des Öliteils um 1939: Karl Kaiser-Kaiser beim Umrühren des Pressgutes in der Pfanne.
Im Hintergrund die beiden Ölpressen, auf der linken Seite Holzzahnräder zur Übertragung der Wasserkraft, davor ein Stapel Ölkuchen, die beliebte Zutat zur «Öhlchuechewäie».
Im Vorderteil (nicht abgebildet) standen die beiden Trotten für Trauben oder Obst.
spindeln und die Presskasten, sowie die Pfanne waren aus Stahl gefertigt. Der zur Originalausrüstung gehörende Mühlstein wurde irgendwann durch eine Quetschmühle ersetzt. Auch diese Maschine bestand mehrheitlich aus Holz.
Dass das Ganze mit Wasserkraft betrieben wurde, ist fast selbstverständlich. 1898 wurden die ehehaften Wasserrechte zugunsten des Sägebetriebes und der Öle vom Maispracherbach durch den Regierungsrat urkundlich anerkannt. Das Wasserrecht für die Öle war mit einer Bruttowasserkraft von 4,91 PS im Grundbuch eingetragen. Um das Jahr 1938 wurde die Wasserkraft mit einem Elektromotor verstärkt.
Die über 4 m Höhendifferenz zwischen dem Niveau des Maispracherbaches und dem Lauf des Wintersingerbaches wurden durch ein oberschlächtiges Wasserrad genutzt. Dieses war quer zum Wasserlauf des Wintersingerbaches ausserhalb der Hausmauer angebracht. Beim Wohnungsaufbau wurde es durch eine Terrasse überdeckt. Unter dem heute noch sichtbaren Rundbogen drehte sich das Wasserrad bis zur Modernisierung.
 
Wie geschah die Ölgewinnung?
Wie im Bericht von C. Welti erzählt, wurde das Pressgut auf die Öle gebracht. Ursprünglich mit dem Kollergang (senkrecht laufender Mühlstein), dann mit der Quetschmühle, wurden die Kernen oder Samen gequetscht. In Chargen von 8-12 kg wurde das gequetschte Rohprodukt in einer Pfanne erhitzt, bis das Pressgut sein Öl freigab. Die erreichte Temperatur mass der Öler nicht mit dem Thermometer, sondern er presste eine Handvoll Maische zusammen und stellte so fest, ob der Samen das Öl freigeben will. In ein Presstuch verpackt wurde nun das Öl in der Presse gewonnen. Auch das Presstuch war etwas Spezielles: Den Eigenschaften, reissfest aber nicht saugfähig zu sein, wurden Haare von Kuhschwänzen gerecht, und aus diesem Material bestanden auch die Presstücher. Sie wurden von einem Seiler gesponnen, gezwirnt und geflochten.
Die nach dem Pressvorgang übrig bleibenden Rückstände, die Ölkuchen, fanden als Futtermittel Verwendung. Der Ölkuchen der Baumnüsse war speziell geschätzt und diente als Hauptzutat für die Ölkuchenwähe. Die sehr mastige Wähe war in der Kriegszeit willkommen und galt als Delikatesse.
 
Wie habe ich die Öle persönlich erlebt?
Als Kleinkinder bereits hielten wir uns während der Tätigkeit unseres Vaters als Öler in der «Öli» auf. Da kamen die Kunden mit ihrem Pressgut, mit Ross und Wagen oder besser mit Schlitten, denn geölt wur-
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Ehemalige Ölmühle in Magden
Abb. Seite 150:
Karl Kaiser-Kaiser beim Einfüllen der Presse, links die markanten Holzzahnräder, um 1939.
Ehemalige Ölmühle in Magden
Abb. Seite 151:
Kollergang, um 1939, (senkrecht laufender Mühlestein, ca. 1,50 m Durchmesser) zum Quetschen von Pressgut, im Hintergrund die Presse.
de nur im Winter. Einige kamen auch zu Fuss mit dem Leiterwägeli wie «Weltis» von Rheinfelden. Andere schickten ihr Gut per Post und erhielten das Öl auf demselben Wege wieder zugesandt.
Als erstes wurde das Rohmaterial auf der Dezimalwaage gewogen und das Gewicht für den Presslohn festgestellt. Es waren hauptsächlich Baumnüsse, welche zur Ölgewinnung gebracht wurden. Die Ortsnamen um Basel, wie Flüh oder Metzerlen, Riehen oder Bettingen, kannte ich bereits als Knabe von unserer Kundschaft.
Dann kam bald die Kriegszeit, und das Pressgut weitete sich aus auf Raps, Mohn, Haselnüsse und Buchnüssli. Ja sogar Kokosnüsse wurden von meinem Vater verarbeitet. Der Bedarf an pflanzlichen Ölen stieg dermassen, dass in den Kriegsjahren während der Öle-Saison im 24-Stundenbetrieb gearbeitet wurde. Ein Kaufmann aus Basel liess ganze Eisenbahnwaggons voller Haselnüsse nach Magden transportieren, um daraus Öl gewinnen zu lassen. In Blechkannen zu 5 Litern wurde das Haselnussöl im Postversand den Kunden zugestellt. Wieviele hundert Liter habe ich wohl zusammen mit meinem Bruder per Schlitten auf die Post gebracht?
Ehemalige Ölmühle in Magden
Abb. Seite 153:
Quetschmühle für Kernen und Samen.
 
 
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