Die Drahtseiltransmission Lettenwerk Zürich Teil 1 - Mühlenkalender

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Die Drahtseiltransmission Lettenwerk Zürich Teil 1

Mühlen-Inventar Schweiz > Kanton Zürich > Zürich ZH
Die Drahtseil-Transmission des Lettenwerkes Zürich
Lage:
Kraftwerk und Turm 1:
CH1903+ / LV95 2'682'615, 1'249'047
WGS 84 (lat/lon) 47.38707, 8.53279
Höhe 406 m
Erhaltenes Fundament Turm 2:
CH1903+ / LV95 2'682'532, 1'248'986
WGS 84 (lat/lon) 47.38654, 8.53169
Höhe 404 m
Erhaltenes Fundament Turm 7:
CH1903+ / LV95 2'682'950.7, 1'248'625.6
WGS 84 (lat/lon) 47.38324, 8.53715
Höhe   405.2 m
Endmast „Stadtmühle“, Turm 12:
CH1903+ / LV95 2'682'160.6, 1'249'347.4
WGS 84 (lat/lon) 47.38983, 8.52682
Höhe 402.3 m

Hinweise:

Ein komplettes Verzeichnis folgt aus Platzgründen ausnahmsweise am Schluss des Beitrages.
Ehem. Drahtseiltransmission Käsereigenossenschaft Säriswil BE
Abb. 1: Turbinen- & Pumphaus des Wasserwerks EWZ  in seinem Bauzustand mit dem Turm 1der Drahtseiltransmission  am rechten Limmat-Ufer (https://baz.e-pics.ethz.ch/latelogin.jspx?recordsWithCatalogName=BAZ:236548)
Teil 1:
Die Entstehungsgeschichte

Das Lettenwerk der Stadt Zürich stellt einen Wendpunkt in der stürmischen Entwicklung Zürichs an der Schwelle zur Grossstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dar.
Das Lettenwerk ist das erste Grosskraftwerk in der Geschichte Zürichs und durchlebte eine wechselvolle Geschichte. Als Trink- und Brauchwasserpumpwerk gebaut, war von Anfang an vorgesehen, die Überkapazitäten dem damaligen Stand der Technik entsprechend mittels Druckwasser- und Drahtseiltransmission zeitlich befristet anderweitig zu verwerten.
Das imposante, weitsichtig geplante und von Anfang an mit erstaunlichen Reserven ausgestattete Bauwerk, wurde in den 1890er Jahren dank dieser Reserven zum Kristallisationspunkt der damals revolutionären „electrischen“ Kraftübertragung.
 
Auf den ersten Blick erstaunt es, wie allgemein heute die Angaben über die Anlage der Drahtseiltransmission Lettenwerk in der Literatur wiedergegeben werden. Wenn wir etwas tiefer in die Materie eintauchen, ist diese Tatsache aber erklärbar. Die Anlage Lettenwerk , und da vor allem das Nebenprodukt, die Triebwasser- und die Drahtseiltransmission,  hatte bei der Inbetriebnahme 1878 keinen Neuigkeitscharakter mehr und fehlt wohl deshalb in den zeitgenössischen Artikeln der „Schweizerischen Bauzeitung“.
Die mechanische Kraftübertragung auf längere Distanzen war damals bereits Stand der Technik. Vorausgegangen waren in der Schweiz grössere Anlagen wie der Bau des Moserdammes in Schaffhausen (Link) und dessen Inbetriebnahme am 9. April 1866. Ebenfalls vorher, nämlich 1873 war in Freiburg i.Ü. die Industrialisierung der Pérolles-Ebene mittels der Staumauer in der Mageren Au und der Kraftübertragung mittels eines teledynamischen Kablesystems erfolgt. Beides waren Anlagen, die von Privatpersonen initiiert wurden: Heinrich Moser zum Zweck der Kraftbeschaffung zur Industrialisierung Schaffhausens und Guillaume Ritter in Freiburg zum Zweck der Trinkwasserversorgung und zur Verwertung der ausgedehnten Wälder um Freiburg. Beides Werke, die später mit der Elektrifizierung schliesslich in städtischen Besitz übergingen. Im Gegensatz dazu war das Lettenwerk von allem Anfang an durch die Stadt Zürich geplant, finanziert und betrieben worden.
Um an die nötige Wasserkraft zu kommen, kaufte die Stadt Zürich sämtliche Wasserrechte vom Bahnhof an Limmatabwärts bis zur Stadtmühle mit den entsprechenden Liegenschaften und vermietete diese dann inklusive eines Anteils Antriebskraft sofort wieder.
Einerseits realisierte sie zu diesem Zweck eine Hochdruck-Triebwasserversorgung, mit welcher sogenannte Wassermotoren (https://de.wikipedia.org/wiki/Wassermotor) betrieben werden konnten und andererseits parallel dazu eine Drahtseiltransmission.
 
Der Fokus dieses Beitrages liegt auf der zeitlich befristeten Verwertung dieser Überkapazitäten.
Es würde zu weit führen, beiden Medien, die Druckwasser- oder Triebwasserversorgung und die Drahtseiltransmission zu porträtieren.
Wir wollen im Weiteren den Spuren der Drahtseiltransmission folgen.
 
Um die Umstände besser verstehen zu können, die das Lettenwerk begründet haben, wollen wir einleitend zwei zeitgenössischen Publikationen folgen. Eine Einführung gibt uns der Artikel „ Die Wasserversorgung der Stadt Zürich“ erschienen 1935 in den „Zürcher statistische Nachrichten“:
 
Entsprechend dem Wachsen der Stadt (im 19 Jhdt) wurden auch immer mehr Quellen zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser herangezogen; um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts standen für die öffentlichen Brunnen und für die vielen Privatberechtigungen aus öffentlichen Leitungen tausend bis zweitausend Liter pro Minute zur Verfügung. Damit waren die Quellen der näheren Umgebung vollständig ausgenützt, und als sich um 1860 herum herausstellte, dass die Wasserversorgung der Stadt den gestellten Anforderungen nicht mehr genügte, wurde im Jahre 1863 der damalige Stadtingenieur Dr. Bürkli mit der Ausarbeitung des Projektes für eine zentrale Wasserversorgung beauftragt. Die eingehenden Studien, bei denen auf die Bedürfnisse der damaligen Außengemeinden Rücksicht zu nehmen war, ergaben, dass es nahezu unmöglich sei, die ganze Stadt mit Quellwasser zu versorgen, selbst wenn man solches aus weitem Umkreis herleite. Man entschloss sich zu dem Doppelsystem: für möglichst viele öffentliche Brunnen das bisherige Quellwasser beizubehalten und für private und öffentliche Gebrauchszwecke außerdem See- bzw. Flusswasser zu verwenden.
Nachdem im Jahre 1866 eine Choleraepidemie zahlreiche Opfer gefordert hatte, wurde die Ausführung der von Dr. Bürkli aufgestellten Projekte beschleunigt. Zunächst wurden die vorhandenen Anlagen verbessert, die Quellen neu gefasst, die alten hölzernen Teuchel entfernt und durch eiserne Rohrleitungen ersetzt und gleichzeitig die neue Flusswasser-Versorgung in Angriff genommen. Es entstand ein Provisorium. Man baute im Limmatbett oberhalb der Münsterbrücke einen Sandfilter ein und leitete das filtrierte Wasser durch eine im Flussbett versenkte Zementrohrleitung bis zum Pumpwerk am Oberen Mühlesteg. Eine durch Wasserkraft getriebene Pumpe von 22 PS beförderte es in einen Wasserturm auf dem Lindenhof, von wo es den tiefer gelegenen Teilen der Altstadt zufloss.
 
Weiter lesen wir in der „Festschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Eidgenössischen Polytechnikums“ erschienen 1905 folgenden Artikel:
 
Als Verbrauchsquantum wurde eine Wassermenge von 135-190 I per Tag und per Kopf der Bevölkerung angenommen, also für die engere Stadt 3200-4500, für Stadt und Aussengemeinden 7‘000—10‘000 m3 per Tag. Zum Heben des Seewassers schien für den Anfang die Wasserkraft des 1866 neu eingerichteten Pumpwerks am oberen Mühlesteg (30 HP), eventuell mit Dampfreserve, zu genügen, für spätere Zeiten war die Erwerbung einer grösseren Wasserkraft in Aussicht genommen. Mit Bezug auf die Druckverhältnisse waren zwei verschiedene Höhenzonen angenommen, und von diesen sollte jede ein Reservoir erhalten. Die Ausführung und der Betrieb der Wasserversorgung sollte nicht einer Aktiengesellschaft übergeben, sondern von der Stadt selbst übernommen werden.
Nachdem diese Grundsätze für die Anlage einer Wasserversorgung vom Stadtrate zwei Experten, Prof. Culmann und Oberbaurat Moore, zur Prüfung und Begutachtung überwiesen worden waren, und diese sich hinsichtlich des zu gebrauchenden Seewassers mit den Ansichten Bürklis einverstanden erklärt hatten, konnte die Angelegenheit vor die Gemeinde gebracht und von dieser am 6. September 1868 nach dem vorgelegten Entwurf genehmigt werden. Im gleichen Jahre noch wurden nach der definitiven Ausarbeitung der Pläne und den nötigen Landerwerbungen für die Reservoirs schon eine ziemliche Anzahl neuer Leitungen gelegt und eine Reihe von gusseisernen Brunnen aufgestellt. Als Platz für das untere Reservoir wurde ein Teil der Spitalwiese beim Polytechnikum, als Platz für das obere Reservoir ein Grundstück im Schmelzberg oberhalb der Sternwarte ausersehen. Für den Filter erschien das Bett der Limmat etwas unterhalb der Bauschanze als der geeignetste Platz; von hier aus sollte das filtrierte Wasser durch eine unter der Limmat durchgeführte Zementleitung dem Pumpwerk zufliessen. Die Quellwasserleitungen rechts der Limmat sollten in eine besondere Abteilung des Reservoirs beim Polytechnikum geführt und dort einer Filtration unterzogen werden. Diese Arbeiten nebst Legung des gesamten Leitungsnetzes wurden 1869/70 energisch betrieben, und im Pumpwerk wurden zwei Reservepumpen und eine Dampfmaschine aufgestellt. Im September 1871 konnte die erste Bauperiode der Wasserversorgung als abgeschlossen betrachtet werden, nachdem schon im Februar 1870 ein Reglement für die Abgabe des Brauchwassers in die Privatgrundstücke und für den Betrieb von Wassermotoren aufgestellt worden war.
Doch der Wasserbezug der Privaten nahm so rasch überhand, dass schon 1872 zwei Drittel aller Grundstücke der engeren Stadt an die städtische Leitung angeschlossen waren und sich zahlreiche Motoren im Betrieb befanden, und nun stellte es sich bald heraus, dass auf ein viel grösseres Quantum Brauchwasser gerechnet werden musste, als das bestehende Pumpwerk nebst Dampfreserven zu liefern imstande war. Es wurde deshalb zunächst ein provisorisches Pumpwerk mit Dampfmaschinenbetrieb beim Kornhaus in der Platzpromenade errichtet. Dieses, das aus zwei Dampfmaschinen, jede von ca. 60 HP, und zwei Pumpenpaaren bestand, wurde samt der erforderlichen Zuleitung im Mai 1875 fertig, und nun konnten von den beiden Pumpwerken im Maximum 15‘000 m3 Wasser per Tag geliefert werden. Da aber auch dieses Quantum auf die Dauer nicht genügte, so wurde schon 1873 die Erwerbung einer grösseren Wasserkraft an der untern Limmat in Aussicht genommen. Zu diesem Zweck wurden dort Liegenschaften angekauft, ältere Wasserrechte abgelöst, Pläne ausgearbeitet, und am 19. Dezember 1875 die Anlage eines neuen Wasserwerks im Letten definitiv beschlossen.
Nach dem vorliegenden Projekte konnte nunmehr die ganze Wassermenge der Limmat und ihr ganzes Gefälle vom Drahtschmidli (bzw. Schlachthaus) bis zur Wipkingerbrücke, ca. 900 HP, für die Wasserversorgung in Anspruch genommen werden. — Mittelst eines Nadelwehrs beim Drahtschmidli wird das Wasser in den Zulaufkanal und aus diesem in das Maschinenhaus geleitet Hier setzt es durch sechs Turbinen die Pumpen in Bewegung, die dann das aus der Leitung vom See kommende Wasser in die Druckleitungen und in die Reservoirs hinaufbefördern. Die neun Pumpensysteme konnten im ganzen 51‘000 m3 Wasser per Tag liefern, und da angenommen wurde, dass auf die eigentliche Wasserversorgung im Maximum 25‘000 m3 entfielen, so liess sich das übrige Quantum für den Betrieb von Motoren verwenden, sei es direkt, sei es durch Kraftübertragung mittelst Drahtseiltransmissionen. Im Laufe des Jahres 1876 konnte die staatliche Konzession für das Wasserwerk ausgewirkt und die Arbeit ausgeschrieben werden.
Abb. 2:Die Ausschreibung zum Bau des Lettenwerkes aus der Zeitschrift „Die Eisenbahn = Le chemin de fer“ Band (Jahr): S/7 (1877), Heft 6
Abb. 3: Zur Position 17 in der Auschreibung befindet sich im Baugeschichtlichen Archiv Zürich  unter der Signatur IX.J 178.8.2 "Wasserwerk der Stadt Zürich,  XVII,  Eiserne Pfeiler der Drahtseiltransmission", eine Zeichnung , die die geplante Anlage der Transmission und die "Türme" darstelltt.
 Der Bau des Kanals und des Maschinenhauses wurde an die Firma Näff & Zschokke, die Lieferung der Turbinen, Pumpen und Transmissionen an Escher, Wyss & Co., die Eisenkonstruktionen an G. Ott & Co., die Brücken über die Limmat und den Kanal an B. Gubser & Co. vergeben. Die Arbeiten wurden so befördert, dass das Wasserwerk teilweise schon im Mai 1878 dem Betrieb übergeben werden konnte und bis 1879 vollständig fertig gestellt war.
 
Die Wasserwerkanlage im Letten
Trotz mehrfacher Hindernisse, Verzögerungen in der Konzession, ungünstiger Bauzeit, Störungen in Folge von Hochwassern, konnten die Bauten für die Wasserwerkanlagen im Letten so gefördert werden, dass im Laufe des Jahres 1878 vier Turbinen und sechs Pumpen daselbst die Wasserförderung in provisorischer Weise übernahmen, während der eigentliche Abschluss der Bauten, nach Aufstellung von weitern zwei Turbinen und vier Pumpen, sich bis zum Jahr 1880 hinauszog. Mit der Aufstellung der VII. und VIII. Turbine im Letten, der Vervollständigung der Wassertransmission nach dem Industriequartier durch Anlage des Triebwasserweihers
in Langensteinen zu Ende 1882 und Anfang 1883 glaubte man die Bauperiode für längere Zeit als abgeschlossen.
 
Beschreibung der Anlagen
Übergehend zur Beschreibung der Anlagen fassen wir den Stand zu Ende 1883 in's Auge. (Siehe Situationsplan 1 : 10 000. II. Theil, Tafel I.)
Abb. 4: Situationsplan 1 : 10 000. II. Theil, Tafel I (Quelle: www.e-rara.ch, „Die Wasserversorgung von Zürich, ihr Zusammenhang mit der Typhusepidemie des Jahres 1884 und Vorschläge zur Verbesserung der bestehenden Verhältnisse“, von Wyss, H., Cramer, C, Lunge, Georg Heim, Albert Pestalozzi, S. Zürich, 1885, Link: http://dx.doi.org/10.3931/e-rara-48111)
Die Fassung des Brauchwassers geschieht in dem, am Ausfluss des Sees, 95 m oberhalb der Münsterbrüeke im Flussbett der Limmat gelegenen Filter. Von der ursprünglich für einen vorgesehenen Verbrauch von 10‘000 m3 per Tag projektierten Anlage mit 2834 m2 Oberfläche sind nur die zwei ersten Abtheilungen von 63 m Länge und 18 m Gesamtbreite, also 1134 m2 Oberfläche,
hergestellt. Das Flusswasser gelangt durch die aus feinem Sande bestehende 40 —50 cm dicke Filterschichte in die Sammelröhren und den Sammelschacht. Von diesem aus führt eine 60cm weite, im Flussbett der Limmat eingegrabene Leitung bis zum Pumpwerk im Letten. In drei verschiedenen Malen erstellt, nämlich im Jahr 1871 bis zum obern Mülilesteg, 1873 bis zur Platzpromenade und 1878 bis zum Wasserwerk, bestehen die beiden ersten Abtheilungen, in der Strecke der Limmat oberhalb der Ausmündung der Sammelkanäle, vom Filter bis zum Bahnhofplatz auf 927 m Länge aus Betonröhren, deren Fugen unter Wasser durch den Taucher gedichtet sich von Anfang an als keineswegs wasserdicht herausstellten. Die untere Abtheilung, unterhalb der Einmündung der Sammelkanäle, vom Bahnhofplatz bis zum Wasserwerk, besteht auf 1260m Länge aus dicht geschlossenen, gusseisernen Röhren.
Die obere, aus Betonröhren bestehende Strecke liegt überall 2 — 3 m unter der Flusssohle und ist immer mit wenigstens 1m, oft bis 2m Sand überdeckt. Das Wasser, das durch die undichten Fugen der Betonleitung Zutritt in die letztere findet, muss vorher diese umhüllenden Sandschichten passieren und erfährt dabei eine gewisse Filtration. Dass das Quantum des so auf der Strecke vom eigentlichen Filter Ins zum untern Mühlesteg einfiltrierten Wassers bedeutend gross gewesen sei, musste daraus geschlossen worden, dass die anfänglich erstellten Bruchteile der auf 10‘000m3 berechneten Filteranlage bei einem bis auf 21‘000 m3 steigenden Tagesverbrauch immer das nötige Wasser lieferten.
 
Allgemeine Disposition und Wasserverteilung'.
Die Filterleitung führt das gefasste Wasser den Pumpen im Letten zu, welche dasselbe vermöge der durch die Wasserwerksanlagen der Limmat abgewonnenen Wasserkraft in die drei Druckzonen des Versorgungsgebietes fordern.
Die unterste, im Übersichtsplan rot angelegte, tiefste Druckzone, mit dem Reservoir beim Polytechnikum, versorgt die niedrigsten gelegenen Teile der Stadt, ferner die Ausgemeinden Enge, Wiedikon, Aussersihl und einen grossen Teil von Riesbach mit Wasser, zusammen eine effektiv angeschlossene Einwohnerzahl von 48‘175 . Die mittlere , im Plan gelb bezeichnete Druckzone, liefert aus dem Reservoir im Schmelzberg einer Bevölkerung von 15‘465 Seelen effektiv, von Hirslanden, Hottingen. Fluntem - Ober-und Unterstrass das Wasser , während die oberste Druckzone (blau eingezeichnet) bloss 500 Einwohner von Fluntern und Oberstrass mit Wasser aus dem kleinem Reservoir beim „ Schlössli " versieht .
In alle drei Druckzonen wird aus einem und demselben Saugschacht gepumpt.
Die Reservoirs dienen zufolge ihrer aus dem Plan ersichtlichen Stellung im Leitungsnetz zum grossen Teil bloss als Regulatoren für die Druck - und Verbrauchs-Schwankungen. Das Wasser gelangt somit meist direkt von den Pumpen aus in die Häuser, ohne dass es erst das Reservoir durchströmt hätte , und es sammelt also Wasser nur dann in den Reservoirs sich an , wenn die Pumpenleistung den augenblicklichen Verbrauch im betreffenden Röhrennetz übersteigt, im umgekehrten Fall fliesst es
durch dieselbe Steigleitung ins Leitungsnetz zurück .
 
Wasserwerksanlage im Leiten
Die Wasserwerksanlage im Leiten verfügt über ein nutzbares Gefälle der Limmat von 3,00 m bei kleinen Winter-, von 1,85 m bis 1,50m« bei Sommer- und Hochwasserständen und über 30 m3 im erstem bzw. 50—60 m3 Wasser im letztem Falle, somit über eine Wasserkraft von brutto 1200 oder effektiv (auf der Transmissionswelle) von 760 Pferdestärken. Für die wenigen Tage eines Jahres, wo der Erguss der Limmat auf 20, ja sogar auf 18 m3, also die Kraft mit dem dannzumal vorhandenen Gefälle von 3,2 m auf rund brutto 800 bzw. effektiv 500 Pferdekräfte zurückgehen kann, soll, sobald die Notwendigkeit dafür eintritt, der Ausfall durch Dampfkraft ersetzt werden. Durch das quer über die Limmat gelegte Nadelwehr von 50 m Breite, 750 m Flussaufwärts der Freischleusen, fliesst das Wasser dem Zulaufkanal zu. Letzterer, von 23 m mittlerer Breite und 0,5 per Mille Gefälle, wird mittelst eines in der Basis 17,6m breiten und 6 m hohen Erddammes mit gepflasterten Böschungen von dem Flusslauf abgetrennt. Der Ablaufkanal vom Wasserwerk hat 290 m Länge. Eine Schleuse (25 m lang, 4,5 m breit) ermöglicht die Verbindung des Zu- und Ablaufkanals zum Zwecke der Schifffahrt.
Zwölf Stück Vollturbinen (System Henschel-Jonval, als Reaktionsturbinen konstruiert), wovon zwei als Reserve, sind zur Aufnahme der Wasserkraft projektiert; zurzeit sind durch die Maschinenfabrik Escher, Wyss & Cie. acht Stück ausgeführt, sechs Stück mit drei, zwei Stück mit zwei konzentrischen Ringen, wovon zwei beziehungsweise einer zur Regulierung überdeckbar; Durchmesser der Laufräder 3,6 m, Tourenzahl normal 25, Effektivkraft durchschnittlich 90 Pferdestärken. Nach äusserst sorgfältig durchgeführten Proben stellte sich der sehr günstige Nutzeffekt dieser Turbinen (auf die vertikale Welle gerechnet) von 77% heraus.
Je zwei Turbinen geben die Kraft an ein horizontales Vorgelege (50 Touren) und dieses an die in der ganzen Länge des Maschinenhauses durchlaufende Transmissionswelle ab. Letztere macht 100 Umdrehungen per Minute und es kann an dieselbe jedes beliebige Pumpensystem, ebenso die Seiltransmission angekuppelt werden.
Sechs Pumpensysteme, drei ältere, aus den früheren Pumpstationen versetzte, und drei neue besorgen die Wasserförderung in die Leitungsnetze und Reservoirs der verschiedenen Druckzonen, später soll noch ein weiteres Pumpensystem zur Aufstellung gelangen. Jedes Pumpensystem besteht je aus zwei Paaren gegen einander gekehrten Zylindern, in denen sich ein Plungerkolben (System
Girard) hin und her bewegt, so dass je ein Paar ein doppelt wirkende Pumpe, und zwei solche ein System bilden. Jedes Pumpensystem besitzt einen eigenen Saugwindkessel, die altern Systeme je zwei, die neuern je einen Druckwindkessel. Die Verbindungen der Letzteren mit dem Leitungsnetz gestatten durch einfache Hahnumstellung im Maschinenhaus die Bedienung des unteren und mittleren Reservoirs durch die alten und diejenige des untern, mittleren und oberen Reservoirs, sowie des Triebwasserweihers für die Krafttransmission (siehe unten) mit den neuen Pumpen. Dimension, Leistung und Kraftverbrauch der Pumpen sind aus folgender Zusammenstellung zu entnehmen:
Die Höhenverhältnisse resultieren aus nachstehenden Angaben:
Ein geräumiges helles Gebäude von 88,7 m Länge und 22,6 m Breite nimmt die sämtlichen Systematisch angeordneten Maschinen auf. 
Abb. 5-7: Plan des Turbinen- & Pumphaus des Wasserwerks Letten 
Von der durchlaufenden 3,6 m breiten eisernen Galerie kann das Publikum, welches dort jederzeit freien Zutritt hat, die ganze Anlage überblicken.
An Stelle der später zu platzierenden Kessel und Reserve- Dampfmaschinen finden sich zurzeit ein Bureau und die Wohnung des Maschinisten eingerichtet. Zum Teil als Fundation des Gebäudes und der Maschinen dienen die zwölf, aus liegenden Betongewölben bestehenden 9,6 m tiefen Turbinenkammern mit den in drei Etagen übereinander disponierten Betongewölben, wovon das mittlere das Zu- und das untere das Abflussgerinne bildet. 
Abb. 8:Schnitt durch die Turbinenanlage 1878 bis 1914. Zehn Jonvalturbinen von je 190 PS. Kraftübertragung durch Zahnradgetriebe auf eine gemeinsame Welle; 1: 200.
Quelle: Schweizerische Bauzeitung, Band (Jahr): 71 (1953), Heft 9, Link: http://doi.Org/10.5169/seals-60510
Die Umfassungsmauern des Maschinenhauses bestehen aus Backstein. Der dreiteilige eiserne Dachstuhl mit Holzverschalung und
Zinkblechbedachung wird im Innern durch zwei Reihen eiserne Säulen getragen. Drei die ganze Länge bestreichende Laufkranen erleichtern die Manipulation mit den schweren Maschinen. 
Abb. 9:Blick in den Maschinensaal des Pumpwerkes Letten. Vermutlich aus erhöhter Position vom Turm 1 aufgenommen.
Abb. 10: Pumpwerk Letten 1878 bis 1914. Demontiertes Laufrad einer Jonvalturbine
Für Heizung sorgen zwei Öfen mit Ventilatoren. Während zwei elektrische Bogenlichtlampen eine taghelle Beleuchtung verbreiten. An den Galerien sehen wir einen elektrischen Zeitregulator nebst den vier Apparaten in Funktion, welche die augenblicklichen Wasserstände in den vier Reservoiren anzeigen und jede Höhenänderung derselben um 5 cm automatisch registrieren.
 
Seil- und Wassertransmission
Als eines integrierenden Theiles der Wasserwerksanlage haben wir hier noch der Kraftübertragung — Seil- und Wassertransmission — ins Industriequartier zu erwähnen. Von der geschaffenen Wasserkraft kommt nämlich in den nächsten Dezennien ein Maximalbetrag von nur ca. 450 Pferden
für die Zwecke der Wasserversorgung zur Verwendung.
Der Überschuss von ca. 310 Pferdestärken soll zwar diesem Hauptzwecke auf die Dauer nicht entzogen werden, kann jedoch für lange Zeit hinaus als Triebkraft zu andern industriellen Zwecken Benutzung finden, und so eine etwelche Einnahme als Beitrag zur Deckung der Zinsen für die Anlagekosten liefern. Dieses führte zur Anlegung des Industriequartiers auf den der Stadt gehörenden Liegenschaften an der Limmat vis-à-vis der Wasser Werksanlage.
In demselben, sowie in den behufs Erstellung des Wasserwerks expropriierten Gewerben bis hinunter zur Stadtmühle soll die disponible Kraft industrielle Verwertung finden.
Die Übertragung der Kraft geschieht durch Drahtseile und Wasserdruck. Bei der Seiltransmission führt eine vertikale Welle die Kraft durch den Turm I im Maschinenhaus zur Seilrolle hinauf, mittelst eines Seiles quer über die Limmat auf Turm II und von da 249 m aufwärts zum Turm III und IV, sowie 514 m abwärts über die Türme VIH, IX, X, XI und XII zur Stadtmühle. Bei der normalen Umdrehungszahl der Seilrollen von 80 per Minute beträgt die Geschwindigkeit des Seiles 20m. In der Stadtmühle werden durchschnittlich 82 effektive Pferdekräfte abgegeben, in eine Seidenzwirnerei und mechanische Werkstätte vom Turm IX aus ca. 12 Pferde und vom Turm III in die dortige Seidenfärberei ca. 40 Pferde. Die Kraftbezüge mit Seiltransmission sind selbstverständlich an die Betriebszeit derselben gebunden.
Abb. 11: Rekonstruktionsversuch der Drahtseiltransmission im Zürcher Stadtplan von 1900. Grafik: © 2020 Urs Landolf 
Soweit die Einführung in die Entstehungsgeschichte des Lettenwerkes. In einem folgenden Artikel werde ich auf die technischen Details der Drahtseiltransmission, deren Betrieb und deren Ende und Ablösung durch die „Electrizität“ eingehen.
 
 
 
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